Basler Regularien: Keine staatlichen Willkürakte

Die Basler Regularien (auch Basler Rahmenwerke oder Akkorde) sind in bislang drei Stufen gültige Standards für Häuser, die dem Bankrecht unterliegen. Erarbeitet wurden sie vom namensgebenden Basler Ausschuss für Bankenaufsicht. Er wurde anno 1976 von den G10-Staaten als Antwort auf den Herstatt-Konkurs zwei Jahre zuvor ins Leben gerufen. 

Grundsätzlich (und etwas vereinfacht ausgedrückt) handelt es sich dabei um Vorgaben bezüglich der Eigenkapitalquoten von Banken. Anfangs waren hierbei nur die G10-Staaten involviert. Mittlerweile greifen die Akkorde in den G20-Nationen und darüber hinaus. Dazu drei wichtige Fakten: 
 

  1. Die Ausarbeitung der jeweiligen Regularien erfolgt einvernehmlich durch alle Teilnehmer.
  2. Der Basler Ausschuss kann lediglich Empfehlungen aussprechen, diese müssen jedoch stets in nationales Recht umgewandelt werden. Ohne diese Umwandlung haben die Regularien keine verpflichtende Wirkung im jeweiligen Land.
  3. Wenn jedoch eine Umwandlung in nationales Recht erfolgt ist, dann ist die Einhaltung für alle dem Bankrecht unterliegenden Unternehmen in dieser Nation verpflichtend.

In Europa wird dazu der Weg über EU-Richtlinien und Verordnungen bestritten. Das heißt, die Basler Vorgaben gelten hier für alle EU-Mitgliedsstaaten, selbst wenn nur drei EU-Nationen den G20 angehören (Deutschland, Frankreich und Italien). Dementsprechend nehmen aktuell viel mehr Staaten an diesem Programm der Regelwerke teil als bloß die G20. 
 

Schutz für Sparer und Steuerzahler 

Der Konkurs der westdeutschen Herstatt-Bank war ein für die damalige Zeit ungekanntes Desaster. Das Eigenkapital des Hauses betrug zirka 77 Millionen D-Mark. Dem gegenüber standen jedoch zum Schluss Fälligkeiten von einer halben Milliarde. Betroffen waren nicht nur private Sparer, sondern ebenso andere Banken, Kommunen und kommunale Gesellschaften. 

Die direkte westdeutsche Antwort hierauf war der Aufbau des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken, eine Verschärfung des Kreditwesensgesetzes sowie eine Änderung der Vorgaben für die Bankenaufsicht: Diese muss seitdem ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig werden.  

Jedoch erkannten die damaligen G10-Staaten, dass sich eine ähnliche Pleite wiederholen konnte – mitunter sogar in viel größerem Ausmaß. Wo schon der Herstatt-Konkurs weite Kreise zog, erkannte man das realistische Risko für ganze Volkswirtschaften.  

Einzig deshalb wurden die Basler Akkorde ins Leben gerufen: 
 

  • Banken in den teilnehmenden Staaten müssen stets bestimmte Eigenkapitalquoten vorhalten. Wie hoch diese sein müssen, unterliegt einerseits der jeweils gültigen Stufe von Basel, andererseits werden dafür komplexe Risikoberechnungen vorgeschrieben und angewendet.
  • Dadurch soll sowohl ein massives „Verspekulieren“ grundsätzlich unterbunden werden als auch weitreichende Folgen von Zahlungsunfähigkeiten einzelner Banken, die mit derartigen Handlungen einhergehen könnten.
     

Basel I bis III im Kurzüberblick 

Der Basler Ausschuss wurde, wie angemerkt, bereits 1976 ins Leben gerufen. Bis jedoch der erste Basler Akkord verabschiedet wurde, ging mehr als ein Jahrzehnt ins Land.  

Jedes dieser Werke ist durch komplexe innere Strukturen gekennzeichnet. Im Folgenden werden deshalb nur die wichtigsten Eckdaten genannt. 
 

  • Basel I (1988, erweitert 1996): Banken-Eigenkapital wird in Kernkapital und ergänzendes Kapital gesplittet. Mindestens 50 Prozent des Eigenkapitals müssen aus Kernkapital bestehen. Es gibt vier Risikogewichte von 0 % für Kredite an OECD-Länder bis 100 % für Kredite an Unternehmen und Privatkunden. Berechnung der Eigenkapitalquote: 
    (Forderungssumme · Risikogewicht · 8 %) = Eigenkapitalunterlegung.  
    1996 wurden zusätzlich Marktpreisrisiken eingeführt
  • Basel II (2004): Zusätzlich zum Kreditausfall- und Marktpreisrisiko wird ein operationelles Risiko eingeführt. Banken müssen sich regelmäßigen Überprüfungen durch die Bankenaufsicht stellen. Die Offenlegungspflichten gegenüber Marktteilnehmern werden erweitert.  
    Berechnung der Eigenkapitalquote:  
    ((Marktpreisrisiko + operationelles Risiko) · Summe risikogewichtete Aktiva + 12,5) ³ 8 %.
  • Basel III* (2010, Erweiterung in der EU bis 2025): Änderungen aufgrund der Finanz-/Banken-/Wirtschaftskrise 2007/2008. Hartes Kernkapital muss mindestens 7 % betragen. Zusätzlich müssen weitere 1,5 % anderes Kernkapital sowie 2 % Ergänzungskapital vorhanden sein (summa summarum 10,5 %). Es werden die Verschuldungsobergrenze (Leverage Ratio) und zwei Liquiditätskennzahlen (Net Stable Funding Ratio und Liquidity Coverage Ratio) eingeführt.

* Die Erweiterung von Basel III wird umgangssprachlich häufig als Basel IV bezeichnet. 
 

 

Die Auswirkungen der Basler Akkorde in Vergangenheit und Gegenwart 

Die Basler Regularien legen Banken seit ihrem Bestehen klare Regeln auf, wie diese das Risiko eines potenziellen Kreditnehmers zu bewerten haben. Auf der Haben-Seite lässt sich hier eindeutig ein positiver Effekt feststellen. 

Die detaillierten Vorgaben einerseits sowie die bank- und länderübergreifende Verbindlichkeit andererseits machten und machen es Kreditinstituten insgesamt einfacher. Sie arbeiten alle unter gleichen Vorgaben und haben klare Anleitungen, mit deren Hilfe sie sich vor Zahlungsausfällen durch zu risikoreiche Kreditnehmer schützen können. 

Dem gegenüber sind jedoch Unternehmen – vordergründig – die Leidtragenden. Sie können immer häufiger keine Fremdmittel von Banken bekommen. Schlicht deshalb, weil sie die strengen Risikoanforderungen nicht erfüllen. Hier haben die Basler Akkorde vielfach jenes Augenmaß verunmöglicht, das zuvor zwischen Bank und Kreditnehmer Anwendung fand – ohne ein überbordendes Risiko zu bedeuten.  

War die erste Ausprägung der Basler Werke noch vergleichsweise mild in ihren Auswirkungen, so sorgte vor allem der zweite Ansatz für eine merkliche Verschärfung der Situation – inklusive des Aufblühens einer Branche, die so zuvor in Europa nicht sonderlich groß war: Private Equity und Private Debt.  

Jeder Bankkredit, der aufgrund der Regelwerke für ein Unternehmen unerfüllt bleibt, ist seit Basel II ein Gewinn für privatwirtschaftliche Beteiligungsgesellschaften; speziell im Bereich Mezzanine-Kapital. Diese Gesellschaften unterliegen nicht dem Bankenrecht, sind dennoch mit großer Expertise versehen und thematisch spezialisiert – häufig auf Immobilien und Projektentwicklung, ferner auf Buy-Outs und ähnliche Firmenänderungen. 

Zwar hat als Fremdkapital bilanziertes Mezzanine-Kapital höhere Zinssätze. Dem gegenüber steht jedoch die Möglichkeit, diese Mittel alternativ als Eigenkapital zu bilanzieren – und dadurch die Risikoschwellen weiterer Bankkredite überschreiten zu können. 

„Basel IV“ im Überblick 

„Basel IV“ wurde bereits 2017 veröffentlicht. Im Kern umfasst dieses offiziell "Basel III: Finalising post-crisis reforms genannte System" folgende Veränderungen:  
 

  1. Es wird eine Untergrenze für risikogewichtete Aktiva eingeführt. Dadurch liegt die Kapitalquote niemals niedriger als 72,5 % unter dem Standardwert.
  2. Das Risikogewicht von Forderungen an Banken und Unternehmen wird nur noch anhand fester Risikofaktoren ermittelt. Die Faktoren werden auf eine Spanne zwischen 30 und 300 % ausgeweitet.
  3. Das Kreditausfallrisiko und die operationellen Risiken werden mit veränderten Standardansätzen berechnet.
  4. Verschiedene Änderungen bei der Definition von Marktpreisrisiken.
  5. Für das Zinsänderungsrisiko wird ein sechsstufiges Verfahren eingeführt. Dies dient einheitlichen Ermittlungen der Mindestkapitalanforderungen.
  6. Die Offenlegungs- und Transparenzpflichten werden beträchtlich ausgeweitet und weiter verfeinert.

Stark vereinfacht ausgedrückt: Durch Basel IV werden Banken in ihren Möglichkeiten limitiert, interne Modelle für die Berechnung von risikogewichteten Aktiva heranzuziehen. Durch diese „Entfeinerung“ dürften die Mindestquoten des harten Kernkapitals sich auf schätzungsweise 14 % verdoppeln. 

Ursprünglich sollte Basel IV in der EU bereits 2023 eingeführt werden. Durch die Pandemie wurden jedoch die Termine nach hinten verlegt. Der Startpunkt liegt nun zum Jahresbeginn 2025. In der Praxis werden die Änderungen jedoch rollend erfolgen. Nach den derzeitigen Plänen wird diese finale Stufe von Basel III deshalb erst 2032 abgeschlossen sein.  
 

Ein Blick in die Zukunft 

Basel IV wird die Banken in skandinavischen und europäischen Ländern zu härteren Änderungen in ihren Praktiken zwingen als in anderen Staaten, zumindest sehen das viele Experten so.  

Realistische Folgen für Unternehmensfinanzierungen könnten unter anderem folgendes sein: 
 

  • Banken werden ihre Preispolitik justieren müssen – nach oben. Dadurch werden Kredite kostspieliger.
  • Viele Unternehmen werden mehr oder weniger gezwungen sein, professionelle Bonitätsprüfungen von Dritten durchführen zu lassen.
  • Die bisherige Wanderungsbewegung von „Bank zu Bond“ wird sich aller Voraussicht nach noch beträchtlich ausweiten, da der Finanzbedarf nicht sinken wird. Profitieren werden erneut Private Equity-Gesellschaften und ähnliche Organisationen.
  • Die Ausfallsicherheit des Bankenwesens wird beträchtlich erhöht – und zwar in sehr vielen wirtschaftlich maßgeblichen Nationen. Insbesondere durch die globalisierte Verkettung bedeutet dies mehr Sicherheit für Staaten, Bürger und dadurch letztlich auch Unternehmen.

Entgegen regionalen Alleingängen dürfte Basel IV hierbei den Vorteil entwickeln, keine Vor- und Nachteile mehr zuzulassen – etwa Nachteile europäischer Banken gegenüber den traditionell etwas pragmatischer agierenden US-Finanzinstituten. Ebenfalls werden Krisen wie die von 2007/2008 unwahrscheinlicher.  

Was Unternehmens- und Immobilienfinanzierungen anbelangt, wird es auf diesen Märkten zu weiteren Anpassungen kommen. Generell wird sich jedoch der Trend zur Diversifizierung von Finanzierungen nur weiter verstärken. Allerdings stellen einige Experten und Studien schon heute eine interessante Frage: Was kommt nach Basel IV? Und: Was nützt die beste Bankensicherheit, wenn dadurch das Kerngeschäft zu stark gehemmt wird?