Was ist agiles Projektmanagement?

Zum Start steht bereits ein fester Ablaufplan und das Endergebnis ist genau beschrieben – so sieht, grob gesagt, klassisches Projektmanagement aus. Das mag sich in manchen Unternehmen weiter bewähren, doch in vielen Fällen ist diese Vorgehensweise heutzutage weder effektiv noch effizient.

Warum ist das so? Zum einen, weil die Digitalisierung in vielen Bereichen die Spielregeln disruptiv gewandelt hat: Zahlreiche Abläufe sind nicht nur schneller geworden, sondern auch wesentlich volatiler. Und zum anderen, weil die jüngsten Krisen einstmals zuverlässige Pläne durchkreuzt und erprobte Strukturen erschüttert haben. Das zeigen die Preisentwicklungen bei Energieträgern, die Rohstoffknappheit und die vielen gerissenen Lieferketten.

Angesichts dieser Faktoren müssen Unternehmen anpassungsfähig werden, um sowohl beweglich als auch spontan auf neue Bedingungen reagieren zu können. Ein Mittel zu diesem Zweck ist agiles Projektmanagement. Dabei handelt es sich um ein iteratives Vorgehen, bei dem ein Produkt oder ein Vorhaben während seiner Entwicklung in kurzen Zyklen immer wieder geprüft und optimiert wird.
 

Die fünf Bausteine agilen Projektmanagements

In Bezug auf das Projektmanagement hat „Agilität“ fünf wesentliche Attribute, die die Bausteine der Methode bilden:
 

  • Transparenz
  • Kundenorientierung
  • Anpassungsfähigkeit
  • Eigenverantwortung (effektive Führung)
  • ständige Verbesserung

Anders ausgedrückt bedeutet agiles Projektmanagement, ein Projekt oder eine Ware in kontinuierlich kleinen Schritten zur Marktreife zu bringen und dabei immer wieder nachzusteuern, anstatt bis zu seiner Fertigstellung an einem fixen Plan festzuhalten.

Was das hinsichtlich der oben genannten Attribute bedeutet, zeigt folgender Überblick.
 

1. Transparenz

Eines der zentralen Themen des agilen Projektmanagements ist das gemeinsame Verständnis des Prozesses unter allen Beteiligten. Dies erfordert mehr Transparenz in der Art und Weise, wie Teams arbeiten und kommunizieren. Vor allem dann, wenn unterschiedliche Abteilungen und mehrere externe Stakeholder an einem Projekt beteiligt sind.

In einer agilen Umgebung teilen Menschen offen ihren Arbeitsfortschritt, indem sie Informations-Tools integrieren. Dadurch kann jeder verstehen, was seine Kollegen tun und wie sie es tun. Das ermöglicht wiederum den Austausch darüber, wie es die Beteiligten besser machen können.

Darüber hinaus werden die Teammitglieder ermutigt, ihre Ideen und Herausforderungen frei zu teilen. Sorgen, dass dies ihren Status im Projekt gefährden könnte, müssen sie sich nicht machen. Auf diese Weise hilft das agile Arbeitsmanagement dabei, Fehler eingestehen zu dürfen und gemeinsam an der Lösung arbeiten zu können.
 

2. Kundenorientierung

Der agile Ansatz für das Projektmanagement legt einen starken Fokus darauf, dass die Kundenanforderungen durch ständige Zusammenarbeit gut verstanden werden. Ziel ist es, der Klientel nicht nur das zu bieten, wonach sie gefragt hat, sondern das, was sie tatsächlich braucht.

Daher dienen häufige Feedback-Schleifen im Lebenszyklus der agilen Projektabwicklung als Kontrollpunkte.  An diesen können Kunden sehen, wie ihre Wünsche in der praktischen Umsetzung aussehen. Das ist wichtig, weil das Ergebnis nicht immer ihrer ursprünglichen Vorstellung der Problemlösung entspricht, da sich zwischenzeitlich die Marktbedingungen geändert haben.

Durch häufige Zusammenarbeit mit Kunden zielt agiles Vorgehen auch darauf ab, die Effizienz von Projekten zu steigern. Umfangreiche Arbeiten im Anschluss an die Fertigstellung werden reduziert. Infolgedessen führen agile Projekte zu niedrigeren Produktionsniveaus und Verzögerungskosten, wodurch das Endprodukt oder die Dienstleistung für den Endkunden günstiger wird.
 

3. Anpassungsfähigkeit

Agiles Projektmanagement versetzt Teams in die Lage, besser auf Änderungen zu reagieren. Dies erfordert auch eine häufigere Statusmeldung an den Endkunden, damit die Teams schnelles Feedback direkt vom Markt erhalten können.

Deshalb konzentriert sich agiles Vorgehen auf einen iterativen Ansatz, bei dem die Abteilungen ihre Projekte aufschlüsseln und kontinuierlich mit den Kunden synchronisieren. Dadurch erfassen die Teams frühzeitig alle sich ändernden Anforderungen, passen sich schnell an die neue Situation an und vermeiden Verzögerungen in der endgültigen Projektabwicklung.
 

4. Eigenverantwortung

Im traditionellen Projektmanagement durchlaufen beispielsweise alle Informationselemente einen dedizierten Projektmanager, der Aufgaben verschiedenen Teammitgliedern zuweist. Dabei können manche Informationen verloren gehen. Im Gegensatz dazu überlassen agile Projekte den Teammitgliedern einen großen Teil des Entscheidungsprozesses. Dies schafft ein Umfeld gemeinsamer Verantwortung, das Teams motiviert und befähigt, effizienter zu arbeiten.

Im Gegenzug wird die Führung effektiver, weil ihr Fokus auf der Verwaltung der Arbeit und der Gewinngenerierung für das Unternehmen liegt. Daher setzen erfolgreiche, agil orientierte Führungskräfte gemeinsame Ziele mit ihren Teammitgliedern und helfen, Hindernisse zu beseitigen, indem sie den Arbeitsfluss optimieren, die erforderlichen Ressourcen bereitstellen und kooperatives Lernen fördern.
 

5. Ständige Verbesserung

Eine der wichtigsten Eigenschaften des agilen Projektmanagements ist, dass es eine Umgebung für kontinuierliche Verbesserung schafft. Die Teams beteiligen sich regelmäßig an häufigen Lernzyklen am Rande der Projektentwicklung statt an einer großen „Lessons Learned“-Sitzung am Ende des Vorhabens.

Daraus ergeben sich wesentliche Prozessoptimierungen, obwohl das Projekt noch läuft. Darüber hinaus wird die Arbeit in kleine Liefergegenstände zerlegt und kontinuierlich den Kunden zur Prüfung und Rückmeldung übergeben. Auch dies trägt zur kontinuierlichen Weiterentwicklung eines Produkts oder einer Dienstleistung mit dem Ziel bei, es perfekt auf den Zielkunden abzustimmen.  
 


Die Nachteile von agilem Projektmanagement

Den hier ausführlich beschriebenen Vorteilen agilen Projektmanagements stehen auch einige Nachteile gegenüber, die sich allerdings nicht in jedem Projekt bemerkbar machen. Dazu gehören

 

  • schwierige Dokumentation
  • ausufernde Projektanforderungen
  • herausforderndes Zeitmanagement
  • schwierige Umsetzbarkeit bei langfristigen Projekten
  • schwer kalkulierbare Kostenvorhersage
  • hoher Kommunikationsaufwand

 

Agiles Projektmanagement im B2B-Bereich

Klassisches Projektmanagement kann im B2B-Sektor weiterhin funktionieren. Eine Zukunft hat es aber nur bei sehr übersichtlichen und starren Prozessen mit wenigen Instanzen. Die meisten Projekte werden jedoch zunehmend von mehreren Stakeholdern mit teils divergierenden Interessen begleitet. Hinzu kommen immer öfter sich schnell wandelnde Marktbedingungen.

Das bedingt für B2B-Projektleiter und Führungskräfte im Einkauf einen sich weiter erhöhenden Aufwand. Sie haben ständig mit involvierten, internen Abteilungen sowie mit externen Stellen und Kunden zu tun. Die Folge: häufiger Austausch, aufwendige Koordination und wiederkehrende Verhandlungen über Konditionen und Preise.

Das führt zu einer ständigen Änderung und Anpassung von Plänen und Anforderungen. Diese und andere Abstimmungsherausforderungen binden viel Zeit und Potenzial von Führungskräften. Agiles Projektmanagement verteilt deren Verantwortung und Aufgaben auf die Schultern der anderen Prozessbeteiligten.

Das setzt allerdings eine neue Denk- und Arbeitsweise im Unternehmen voraus. Diese lässt sich im B2B-Sektor mit seinen vielfach langjährig gewachsenen (und bislang bewährten) Strukturen kaum von heute auf morgen erreichen. Besser ist es, Schritt für Schritt strategisch die Einführung von agilem Projektmanagement zu planen.
 

1. Schritt: Überzeugen

Die Implementierung gelingt nur, wenn alle Beteiligten dabei mitziehen. Deshalb sollten zunächst die internen Kräfte von agilem Projektmanagement überzeugt werden. Dabei ergeben sich schon oft wichtige Punkte, die sich im weiteren Verlauf mit den externen Stakeholdern abstimmen lassen.
 

2. Schritt: Basis schaffen

Sind alle Beteiligten mit dem Vorhaben einverstanden, sollten die Grundlagen für die künftige Zusammenarbeit festgelegt werden. Sinnvoll ist es, die gesamte Prozessabwicklung über eine Software zu managen, die sämtlichen Beteiligten zugänglich ist. Sie fungiert dann als Plattform, über die die gesamte Kommunikation läuft,  alle Aufgaben verteilt und die Fortschritte festgehalten werden. Damit ist sie der Dreh- und Angelpunkt für agiles Projektmanagement.
 

3. Schritt: Umsetzung

Der Einsatz sollte mit einem vergleichsweise einfachen Projekt beginnen. Daran lassen sich in kleinem Rahmen die wichtigsten Abläufe erproben und grundlegende Schwachstellen ermitteln. Ist der Start gelungen, können anspruchsvollere Vorhaben angegangen werden.
 

4. Schritt: Optimierung

Agiles Projektmanagement ist selbst ein agiler Vorgang. Deshalb ist es nicht nur wichtig, einzelne Aufträge in ihrem Entwicklungsprozess fortlaufend anzupassen, sondern auch die Methode dahinter. Dafür sollten zwecks Erfahrungsaustausches Meetings mit internen und externen Stakeholdern stattfinden. Dabei lassen sich Probleme besprechen und Prozesse optimieren.
 

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