„Apokalyptische Zustände“ in Italien

Wasser wird im Sommer 2022 in vielen Ländern Europas zum knappen Gut: Eine große Dürre wirkt sich auf weite Teile des Kontinents in beispielloser Form aus. Sogar mitteleuropäische Länder wie Deutschland und Polen leiden unter dem Wassermangel, südeuropäische Staaten wie Spanien, Portugal und Italien trifft die Dürre noch härter.

In Portugal sind mehr als 95 Prozent der Landfläche von Trockenheit betroffen, den Stauseen fehlt der Nachschub. Spanien wird von einer Hitzewelle geplagt, die vom Ausmaß und der Länge so extrem seit Beginn der Erfassungen im Jahr 1975 nicht vorkam. Immer wieder brechen Brände aus. Und in Italien bringt die anhaltende Dürre die Landwirte in existenzielle Nöte, von „apokalyptischen Zuständen“ war die Rede. Große Flüsse wie der Po führen kaum noch Wasser.
 

Dürre könnte globale Getreidekrise weiter verschärfen

Hitze und Trockenheit sind beileibe nicht nur ein Problem für die Einheimischen und Touristen, die zum Wassersparen aufgerufen werden und sich körperlichen Strapazen ausgesetzt sehen. Denn Länder wie Italien exportieren in der Regel große Mengen landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Darunter auch Weizen, der aufgrund des Ukraine-Kriegs ohnehin schon ein knappes Gut ist. Fällt die Ernte nun aufgrund der Wasserknappheit deutlich schlechter aus, könnte das die globale Getreidekrise zusätzlich verschärfen. Auch der Export von Soja, Mais und Reis, der hauptsächlich nach Europa exportiert wird, dürfte von den Wetterkapriolen negativ beeinflusst werden.
 


Import von Parmesankäse dürfte teurer werden

Darüber hinaus entsteht durch die Dürre dieses Problem: Heuschrecken. Diese Tiere fühlen sich in besonders trockenen Gebieten äußerst wohl und vermehren sich schlagartig. In einigen Regionen Italiens, wie beispielsweise auf Sardinien, wird bereits von einer Plage gesprochen. Die gefräßigen Insekten haben laut des Landwirtschaftsverbands „Coldiretti“ bereits rund 50.000 Hektar Ackerland vernichtet.

Getreideprodukte sind zudem nicht die einzigen Güter, deren Import aus Italien schwieriger und teurer werden könnte. Parmesankäse ist ebenfalls betroffen, da die dafür benötigte Milch qualitativ schlechter wird, wenn die Kühe nicht ausreichend Wasser trinken und die Pflanzennahrung zu trocken ist. Sie erhält in der Folge kein Gütesiegel und kann nicht für die Produktion des edlen Käses genutzt werden. Deutschland ist der größte Abnehmer von Parmesankäse.
 

Trockenheit hat Folgen für die Stromgewinnung

Die Hitze und Dürre befeuern zudem die Energiekrise. Das hat auch Folgen für die Stromgewinnung aus Wasserkraft – angesichts der aktuellen geopolitischen Ereignisse könnte der Zeitpunkt kaum schlechter sein. In Italien sank die Energiegewinnung aus Wasserkraft bis Juni 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fast um die Hälfte. Portugal drosselte den Betrieb seiner Speicherwasserkraftwerke drastisch und auch bei den Laufwasserkraftwerken brach die Stromproduktion im Jahr 2022 wegen der geringen Pegelstände um mehr als zwei Drittel ein.

Und in Frankreich, ebenfalls von starker Trockenheit betroffen, werden mehr als zwei Drittel des Stroms in Atomkraftwerken gewonnen. Da die Reaktoren zur Kühlung große Mengen an Wasser benötigen, musste die Leistung einiger Kraftwerke bereits verringert werden. War Frankreich über Jahre hinweg einer der größten Stromexporteure Europas, muss das Land Energie mittlerweile importieren.