Ob Klimaschutz, Gesundheitsmarkt oder Energiesektor: Die großen Wachstumschancen hiesiger Unternehmen liegen heute im Ausland, oft in Entwicklungs- und Schwellenländern. Diese Staaten, sie liegen vornehmlich in Nordafrika, Südasien und Mittelamerika, sind wirtschaftlich aufstrebend und an Waren und Dienstleistungen „Made in Germany“ interessiert. Doch viele kleine und mittelständische Unternehmen nutzen diese Chancen nicht, da für sie der Markteintritt finanziell zu unsicher ist und ihnen die politischen Rahmenbedingungen fraglich erscheinen.

Auch Betriebe der Metropolregion FrankfurtRheinMain setzen vorrangig auf etablierte Märkte wie die USA, Großbritannien und Luxemburg. Dabei ist ihr Know-how in Branchen wie Finanzwirtschaft, Consulting und Automobil weltweit gefragt. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen der Region wären mit ihren Kenntnissen eigentlich ideale Partner, um durch ihre Geschäftstätigkeit die wirtschaftliche Entwicklung in den prosperierenden Ländern mit voranzubringen.

Zur Unterstützung können Unternehmen sogenannte Scouts der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) kontaktieren. Sie informieren über Marktpotenziale, geben Tipps zu Förder- und Finanzierungsangeboten, beraten bei der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft in Entwicklungs- und Schwellenländern und stellen Kontakte zu Netzwerken her. Das EZ-Scout-Programm wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ins Leben gerufen, um Außenwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit enger zu verzahnen. Die EZ-Scouts sind deutschlandweit in Industrie- und Handelskammern, Wirtschaftsverbänden, Ländervereinen und Handwerkskammern im Einsatz.

„Jede Anfrage ist individuell und erfordert teilweise intensive Recherchen – etwa wenn ein Unternehmen mit seiner Geschäftsidee in einem sehr frühen Stadium ist“, sagt Joachim Münch, EZ-Scout in Hessen (siehe Interview). Kenntnis der Institutionen und ein starkes internationales Netzwerk seien für seine Arbeit zentral: „Oft muss man das ganze Register ziehen“, erklärt er. „Letztendlich führen die Informationen verschiedener Kontakte in ihrer Kombination zum Ziel.“

Programme der Entwicklungszusammenarbeit (EZ)

Förderangebote
 

Ob es ums Abwassermanagement oder die Qualifizierung von lokalen Mitarbeitern geht: Die Ziele von privaten Unternehmen und Akteuren der Entwicklungszusammenarbeit überschneiden sich häufig. Mit develoPPP.de fördert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Projekte, in denen unternehmerische Chancen und entwicklungspolitischer Handlungsbedarf zusammentreffen. Das BMZ vermittelt Kontakte und steuert bis zu 200 000 Euro bei. Auf Wunsch erhalten Unternehmen auch fachliche Unterstützung. Im Rahmen von develoPPP.de kooperieren Firmen stets mit einem der drei öffentlichen Partner, die das Programm im Auftrag des BMZ umsetzen: DEG - Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH und sequa gGmbH. Weitere Infos unter bmz.de. Dort können Unternehmen auch die Kontaktadressen der regionalen EZ-Scouts abrufen.

Finanzierungsangebote
 

Instrumente zur Unterstützung eines Engagements jenseits etablierter Industrienationen bietet die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) der KfW-Bankengruppe. So werden etwa KMU, die sich nachhaltig vor Ort engagieren und ihre Aktivitäten auf das ganze Land ausweiten wollen, durch das sogenannte Up-Scaling-Programm der DEG unterstützt. Nähere Infos unter deginvest.de

Drei Fragen an…

Joachim Münch, EZ-Scout in Hessen

Mit welchen Anliegen kommen Mittelständler zu Ihnen?

Oft haben die Unternehmer zunächst ganze Regionen im Blick und suchen dann den Markt mit den besten Rahmenbedingungen. Je nach Branche fällt die Auswahl der Länder aber natürlich ganz unterschiedlich aus. Beispielsweise zeigte ein Pharmaunternehmen Interesse an westafrikanischen Staaten, ein Hersteller von Ventilen hingegen an Lateinamerika und Südostasien.

Ihre Beratung erstreckt sich auf rund 140 Partnerländer des BMZ. Für welche davon interessieren sich die Unternehmen aus der Region FrankfurtRheinMain derzeit besonders?

Als Trend lässt sich feststellen, dass die Nachfragen zu den „Klassikern“, also zu den BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, rückläufig sind. Vielmehr rücken insbesondere die MENA-Region, also der Nahe Osten und Nordafrika, sowie Subsahara-Afrika in den Fokus. Das ist aus meiner Sicht nicht verwunderlich, befinden sich doch aktuell sechs der zehn am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften auf dem afrikanischen Kontinent. Nigeria ist für Unternehmen als Einfallstor in den westafrikanischen Wirtschaftsraum interessant und Kenia als Hub für den ostafrikanischen. 

Was sind Ihrer Erfahrung nach die größten Herausforderungen für Mittelständler, die es in aufstrebende Länder zieht, um dort wirtschaftlich tätig zu werden? 

Die Akteurslandschaft der Zielmärkte gestaltet sich von außen betrachtet häufig als unübersichtlich, somit ist es zunächst schwer, verlässliche Netzwerke aufzubauen. Man sollte sich als Unternehmer möglichst selbst ein Bild vor Ort machen, um den Markt besser einschätzen zu können und ein Gespür für das Land zu bekommen. Das ist allemal besser, als einen Praktikanten alleine dorthin zu schicken. Entscheidend ist interkulturelles Fingerspitzengefühl. Man sollte bedenken, dass dies für den Erfolg von Geschäften einen nahezu vergleichbaren Stellenwert besitzen kann wie die Lösung von Finanzierungsfragen.

Alle aktuellen Termine der Mittelstandstage finden Sie hier