M: Herr Dr. Langenscheidt, weltweit nimmt man die deutsche Wirtschaft als besonders stabil, erfolgreich und krisenfest wahr – gleichsam als Fels in der Brandung internationaler Unwägbarkeiten. Welche Rolle spielen dabei die Familienunternehmen?

Florian Langenscheidt: It’s the »German Family Business« – so müsste man das Erfolgsrezept eigentlich auf einen kurzen Nenner bringen. Deutsche Familienunternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Sie sind flexibel und innovativ, denken in Generationen, nicht in Quartalen, treffen schnelle und zugleich nachhaltige Entscheidungen, handeln in großer sozialer Verantwortung

Rainer Esser: Familienunternehmen sind der Motor der deutschen Wirtschaft. Die ganze Welt bewundert uns für diese Einzigartigkeit. So stabil und resilient Familienunternehmen als Gesamtheit innerhalb unserer Volkswirtschaft erscheinen, im Einzelnen können sie sehr fragile Gebilde sein. Die größten Gefahren lauern in ihrem Inneren.

Hans-Walter Peters: Familienunternehmen stehen heute vor vielfältigen Herausforderungen. Neben rein geschäftlichen Erwägungen, zum Beispiel zu Eigenkapital- und Finanzierungsfragen, gehören hierzu auch die Bewahrung von Familienvermögen sowie der Zusammenhalt der Familie und die Nachfolgeplanung.

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„Bücher können Symbole sein. AUS BESTER FAMILIE steht seit seinem ersten Erscheinen für den Erfolg und die große Tradition deutscher Familienunternehmen.“ Dr. Florian Langenscheidt, Herausgeber

Stichwort Nachfolge: Für die Zukunftssicherung eines Familienunternehmens ist die Übergabe an die nächste Generation zuweilen ein besonders schwieriger Moment.

Hans-Walter Peters: Wer Familienunternehmen so wie Berenberg teilweise seit Generationen begleitet und berät, weiß, wie bedeutend ein ganzheitliches Verständnis von Familie und Unternehmen vor allem bei der nicht immer einfachen Nachfolgeplanung ist. Die operative und finanzielle Nachfolge zu sichern, gehört zu den wichtigsten und schwierigsten strategischen Herausforderungen eines Familienunternehmers. Auch außerhalb des „Systems Familienunternehmen“  warten große Herausforderungen und Veränderungen, etwa durch die Digitalisierung, durch den Fachkräftemangel und eine überhaupt sich ändernde Arbeitswelt auf globalisierten Märkten.

Peter Sewing: Viele familiengeführte Unternehmen sind längst auf dem Weg, stellen sich der digitalen Transformation, implementieren neue Formen der Arbeit und Kollaboration, entdecken neue Märkte und Geschäftsmodelle, kooperieren mit neuen Partnern. Der Zwang zur Veränderung bedeutet große Anstrengungen, vor allem für die kleinen und mittleren Unternehmen des Mittelstands. Gerade bei Unternehmen abseits der Metropolen schlägt zum Beispiel der Fachkräftemangel mit einiger Wucht durch.

Das deutsche Familienunternehmen, eine bedrohte Spezies?

Peter Sewing: Nein, das sicher nicht. Aber die Familienunternehmen werden sich als in Deutschland endemische Art der Organisation im Ökosystem Wirtschaft auch nicht unter Schutz stellen lassen wollen. Sie werden sich anpassen und verändern müssen. Das ist die Evolution, nicht der Stärkste oder Klügste überlebt, sondern wer sich am schnellsten an veränderte Bedingungen anpassen kann.

Florian Langenscheidt: Evolution ist ein guter Begriff. Dazu gehört eben auch das Heranwachsen neuer Arten und Gattungen. Ich bin seit Langem eng mit der deutschen Start-up-Szene verbunden und stelle immer wieder beglückend fest, wie viele junge Entrepreneure durchaus den festen Willen haben, das neu gegründete Unternehmen einmal an die nächste Generation zu übergeben. Das zeigt, wie lebendig und vielfältig tatsächlich die Landschaft deutscher Familienunternehmen ist.