Hartmannsdorf. Ein übersichtlicher 4500-Seelen Ort im Sächsischen, etwa zwanzig Autominuten von Chemnitz entfernt. Und doch ist es der Standort der Komsa AG, dem größten sächsischen Familienunternehmen, einem Anbieter von modernen Kommunikationslösungen. Inhaber und Firmenchef Gunnar Grosse schmunzelt auch nach 23 Jahren noch, wenn er an die Gründungszeit seiner Firma denkt. Kurz nach der Wende kam der gebürtige Schwede nach Deutschland, um seine familiären Wurzeln zu erforschen. Er besuchte den seit Generationen von den Vorfahren bewirtschafteten Hof und beschloss zu bleiben und sich vor Ort etwas aufzubauen.

Nun war Hartmannsdorf auch damals nicht der Nabel der Welt. Für jedes Telefonat musste Grosse zur Telefonzelle laufen. Was lag da näher, als eine Firma für Telekommunikation zu gründen? In Skandinavien gab es damals bereits die ersten Mobiltelefone. Der Schwede erkannte die Marktlücke, ihm war klar, dass der Bedarf in Deutschland nicht lange auf sich warten lassen würde. In Chemnitz fanden Grosse und seine drei Kompagnons 1990 ein Büro mit Telefonanschluss und griffen zu. Ein gutes Jahr später gründeten sie die Komsa GmbH – Komsa steht für Kommunikation Sachsen – und zogen auf den alten Hof in Hartmannsdorf um.

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Die nächsten Jahre werden die Welt erneut verändern.

Als das Handy noch kein Handy war

Ebenfalls 1992 startete in Deutschland der digitale Mobilfunkmarkt. Nach der Telekom bekam Vodafone eine zweite Funklizenz. Und Grosse erwarb durch seine Kontakte nach Schweden die Rechte, Ericsson-Handys in Deutschland zu vertreiben. Die hießen damals noch Terminals, denn das Wort „Handy“ wurde erst 1995 erfunden. Der heute 76-Jährige erinnert sich: „Es war schwierig, denn es gab kaum Händler, die Telefone verkaufen konnten. Wir mussten sie darin ausbilden, die Kunden beraten zu können. Fachhändler gab es gar nicht. Die meisten hatten auch Bügeleisen und Waschmaschinen im Sortiment.“ Seine Mitarbeiter leisteten viel Aufklärung. Ein großer Vorteil für die Händler war, dass Komsa schnell ein großes Netz aufbaute und ihnen mit kurzen Lieferzeiten so entgegenkam, dass sie sich Lagerräume sparen konnten. Der Beginn guter Geschäftsbeziehungen.

Heute beschäftigt das Unternehmen mehr als 1500 Mitarbeiter und ist einer der größten Distributoren von Kommunikationsprodukten. Aus dem reinen Dienstleister für den Fachhandel ist ein Partner für die verschiedensten Kanäle geworden. Zu den Kunden zählen inzwischen System-häuser, Technikfachmärkte und Onlinehändler, aber auch der Sportfachhandel, Healthcare-Anbieter und Kfz-Händler.


Eine neue Erklärungsphase

Die Veränderung von Lebenswelten durch technologische Innovationen bringt in immer schnellerem Takt Herausforderungen mit sich: Produktzyklen werden kürzer, digitale Medien verändern die Wahrnehmung der Verbraucher und damit auch die Anforderungen an Design und Marketing. Zudem verschmelzen die Bereiche Telekommunikation, IT und Medien. Hier am Puls der Zeit zu bleiben und Innovationen frühzeitig umzusetzen, war und ist das Anliegen von Gunnar Grosse. Er weiß, dass die nächste technologische Revolution nicht lange auf sich warten lässt: „Heute benötigt jedes Unternehmen ein eigenes Netzwerk, in dem Realtime kommuniziert wird. Die nächsten Jahre werden die Welt erneut sehr verändern. Die technische Steuerung funktioniert mehr und mehr über Clouds und Roboter, der Mensch ist immer weniger an den Prozessen beteiligt.“

Was bedeutet das für die Mitarbeiter? Fast jeder sieht, wie neue Technologien immer stärker in die eigene Arbeit hineingetragen werden. Außendienstler beispielsweise können heute schon über ihr Mobiltelefon mit dem firmeneigenen Netzwerk verbunden sein. Auf dem Tablet erscheinen Fragen, die den Mitarbeiter durch die aktuelle Arbeitssituation führen. Das System leitet ihn.

Einen Tag pro Woche lernen

Wer die Technologie zu nutzen weiß und ihre Komplexität versteht, der hat einen Vorsprung vor anderen. Doch Innovationsbereitschaft und Ideenreichtum wollen gefördert werden. Dafür gibt es in Hartmannsdorf ein großes Angebot. Familienfreundliche Arbeitsregelungen gehören ebenso zur Unternehmensphilosophie von Komsa wie der betriebseigene Kindergarten Weltenbaum. Grosse betont noch einen weiteren Punkt: „Kurz nach der Wende waren die Mitarbeiter sozialistisch geprägt. Das war am Anfang schwierig, niemand wollte Verantwortung übernehmen. Wir haben gemerkt, dass hierarchische Strukturen oder Titel keine Lösung waren, deshalb haben wir das Wort Verantwortung für uns definiert. Dazu gehört, sich ständig weiterzubilden, aber auch Fehler machen zu dürfen.“

Damit diese aber auch nicht zu häufig geschehen, hat jeder Mitarbeiter Anspruch auf einen Ausbildungstag pro Woche. Das kann eine Projekttätigkeit sein, ein Wechsel in eine andere Abteilung oder die Übernahme neuer Aufgaben. „Job-Rotation“, sagt Grosse, sei „wichtig, um Wissen weiterzugeben.“ Er nennt es „familienunternehmerisch“. Der Komsa-Chef weiß natürlich auch, dass er seinen Mitarbeitern etwas bieten muss. Sonst wäre es schwer, ausreichend gute zu finden und sie an Hartmannsdorf zu binden.

Eines vergisst Gunnar Grosse nie: Die Anfänge auf dem Bauernhof, als die gesamte Logistik in der Scheune untergebracht war, davor die  Bürocontainer. Diese Zeit hat ihn geerdet. Er sagt: „Damals habe ich gelernt, meinen Mitarbeitern zu vertrauen.“

„Das Ohr am Kunden“

Dr. Gunnar Grosse ist einer der Gründer und seit 23 Jahren CEO der Komsa. Das Familienunternehmen mit Sitz in Hartmannsdorf bei Chemnitz beschäftigt 1500 Mitarbeiter und erwirtschaftete im vergangenen Geschäftsjahr 1,1 Milliarden Euro Umsatz.

Mit einer Handvoll Mitarbeitern fing 1992 in einer Scheune alles an. Heute beschäftigen Sie 1500 Menschen. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis? 

Das Wichtigste ist immer, das Ohr am Kunden zu haben. Nur so können Sie Trends und kommende Veränderungen erspüren, bevor sich das Bedürfnis beim Kunden äußert. Man muss, wie ein guter Segler, das Wetter vorhersagen können, weil man die Wolken zu deuten vermag. Das funktioniert aber nur, wenn Ihre Mitarbeiter auch wollen. Ich versuche deshalb immer, ihnen Verantwortung und Befugnisse zu übertragen. 

Gab es rückblickend schwere Zeiten für Sie? 

Ganz klar die ersten zehn Jahre. Die Herausforderungen waren groß. Wir mussten die Industrie davon überzeugen, dass wir der richtige Partner für sie waren – und gleichzeitig die Mitarbeiter darin schulen, immer den Kundennutzen zu bedenken. Über allem galt es, die Finanzen im Griff zu behalten, von den Banken genügend Geld zu bekommen und es gut einzusetzen.

Kamen Ihnen manchmal Zweifel, ob Sie es dauerhaft schaffen? 

Dass Komsa sich so entwickeln würde, konnte ich mir nicht vorstellen. Manchmal war der Himmel schon sehr dunkel, aber die Ideen gingen uns nie aus.

Wie haben Sie durchgehalten?

Ich lernte, wie wichtig es ist, den eigenen Weg zu gehen, nicht den Konkurrenten nachzueifern – auch wenn es manchmal so aussah, als machten sie es besser.

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