Steve Ballmer musste befürchten, dass München sich zu einem Leuchtturm-Projekt für unzählige deutsche Verwaltungen entwickeln würde. Er kam zum Feilschen an die Isar. Er wollte die Microsoft-Lizenzen statt für 36,6 Millionen Dollar am Ende für 23,7 Millionen hergeben. Vergebens. München konstruierte für sich die Open-Source-Lösung LiMux. Die Bayern rühmen sich, durch die Alternative zu Windows über zehn Millionen Euro gespart und gleichzeitig die Fehleranfälligkeit ihrer Verwaltungs-IT verringert zu haben.

Doch Lizenzkosten zu sparen, ist nur eine Komponente, warum sich eine IT-Strategie mit dem Umstieg auf Open Source Software lohnen kann. 

Was verbirgt sich hinter „Open Source“?

Als Open Source Software (OSS) bezeichnet man Programme, deren Quellcode öffentlich einsehbar und verfügbar ist. Der Nutzer kann die Software ohne Lizenzgebühren frei kopieren, bearbeiten und weiterverbreiten. Wer zum Beispiel mit dem Betriebssystem Windows arbeitet, muss für jeden Arbeitsplatz, auf dem es läuft, eine Lizenz kaufen. Die auf Linux basierende Betriebssystem-Software LiMux der Stadt München etwa läuft lizenzfrei auf 15.000 Arbeitsplatzrechnern. Lizenzfrei heißt freilich nicht, dass dem Nutzer durch Verwendung von Open Source keine Kosten entstehen. Auch im Segment der Open Source gibt es einen riesigen Bedarf an Service-Leistungen etwa für die Installation, den Support, die Wartung oder die Schulung.

Der Anteil an Open-Source-Lösungen im Softwarebereich beträgt in Deutschland mittlerweile rund 33 Prozent. Das betrifft nicht ausschließlich Komplettlösungen, sondern auch Komponenten. 

Das Sparpotenzial von Open Source-Lösungen

Die Münchner Verwaltung bezifferte den durch LiMux erzielten Spareffekt auf rund 25 Prozent. Die Strategie zielt darauf ab, Kosten zu reduzieren, indem Rat und Verwaltung selbst stärker über den Mittelabfluss bestimmen können. Eine Studie der EU geht von einem Sparpotenzial von rund einem Drittel bei den Investitionen im Softwarebereich aus. Open Source schaufelt damit Kapital für andere Entwicklungen oder Innovationen frei – oder steigert einfach den Gewinn eines Unternehmens.

Software-Unternehmen können mit Open-Source-Lösungen außerdem unter Umständen besser kalkulieren. Bedingt durch immer kürzere Produktzyklen bei proprietärer Software, die ohne offenen Quellcode und mit kommerziellen Lizenzen arbeitet, fällt die Profitrate für solche Produkte rasant. Die für qualifizierte und individuelle Dienstleistung, worauf Open Source angelegt ist, dagegen bleibt stabil. 

Individualität durch Open Source

Kein Mensch würde noch Konfektionsware von der Stange kaufen, wenn er es maßgeschneidert günstiger bekäme. Was in der Fashion-Welt unmöglich ist, hat Open Source für Software realisiert. Der Nutzer kann OSS individuell an seine Bedürfnisse anpassen, entweder, indem er selbst über die Qualifikation verfügt oder sich Programmierer und Berater als Maßschneider ins Haus holt. Veränderungen an der Software sind völlig ohne Mitarbeit des Herstellers möglich. Besonders gut: Auf Wunsch hilft der Hersteller meistens noch mit. Denn Veränderung und Verbesserung gehören zur Philosophie von Open-Source-Herstellern. 

Die Unabhängigkeit wahren

Auch Software-Hersteller können vom Markt verschwinden, geschluckt werden, ein Produkt einstellen – oder den Support dafür. Erfolgreiche Open-Source-Lösungen bilden weltweit riesige Communities, die die Software immer auf dem neuesten Stand halten und weiterentwickeln. Dadurch macht sich Open Source unabhängig von Produktzyklen oder auch Insolvenzen. Die kooperative Hilfe der Entwickler-Communities ist dem teuren Support anderer Software-Lösungen dazu oft überlegen. Der ist nämlich in aller Regel gerade auf die Bedürfnisse der KMU nicht zugeschnitten. 

Innovationen durch Open Source-Lösungen fördern

Gerade für Start-ups bietet Open Source die Möglichkeit, Projekte mit überschaubaren Mitteln zu realisieren. Ihre Stärke entwickelt OSS besonders im innovationsfreudigen Umfeld von Branchen wie Kommunikation, E-Commerce oder IT. Viele der bestqualifizierten Informatiker und Techniker favorisieren OSS-Lösungen. Nicht selten sind sie es, die ohne Wissen des Managements oder gar gegen betriebliche Anweisungen mit Open-Source-Lösungen leistungsfähige und innovative IT-Umgebungen in Unternehmen schaffen. Open-Source-Lösungen in Unternehmen können so auch zu einem Argument für die Gewinnung der besten IT-Kräfte werden. 

Open Source im Unternehmen – oft so sicher, dass sogar das Weiße Haus darauf vertraut

Beinahe in allen Softwarebereichen werden heute auch Open-Source-Lösungen angeboten. Oft entwickeln OSS-Nutzer komplett eigene Programme für die eigene IT-Umgebung und bringen diese dann selbst als Open Source auf den Markt. So war etwa die Münchner Stadtverwaltung auf der Suche nach einem Programm, das alles kann. "Eierlegende Wollmilchsau" nennen Bayern zärtlich solche unmöglichen Wunschkonstrukte. Deshalb nannten die Münchner Entwickler ihr Ergebnis WollMux und machten das Programm öffentlich verfügbar. Die Software erstellt unter anderem Briefköpfe, verwaltet Textbausteine und berechnet automatisch Werte in Formularen.

Viele Open-Source-Lösungen sind erfolgreicher als proprietäre Standard-Software. So ist das freie E-Mail-Programm Mozilla Thunderbird eines der weltweit am meisten verbreiteten Programme. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) registriert mit seiner "Schwachstellenampel" Sicherheitslücken in den elf meistgenutzten Programmen. Thunderbird rangiert im Bericht des BSI als E-Mail-Programm mit den wenigsten Schwachstellen überhaupt. Auch das Betriebssystem Linux kommt auf einen Spitzenplatz.

Der Browser Mozilla Firefox ist mit einem Marktanteil von 36 Prozent Nummer eins in Deutschland und rangiert mit einem Weltmarktanteil von 16 Prozent unter den Top 3 der Internet-Browser.

Auch im Bereich der Content-Management-Systeme (CMS) zum Erstellen und Verwalten des Inhalts von Webseiten nehmen Open-Source-Lösungen wie TYPO3 oder WordPress Spitzenpositionen ein. Sogar das Weiße Haus vertraut für seinen Internet-Auftritt auf das Open-Source-System Drupal. 

Fazit
Open Source ist die Evolution der Software. In einer vernetzten Welt ist sie den Produkten einzelner Software-Hersteller oft überlegen. Sie macht die Nutzer vielmehr unabhängig von Herstellern und ermöglicht ihnen die Entwicklung eigener, individueller Lösungen. IT ist der Schlüssel für technischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt. Open Source hat das Potenzial, zum Motor dieses Fortschritts zu werden.