Deutschland ist das Land der Erfinder. Im vergangenen Jahr meldeten deutsche Unternehmen 25.086 Patente beim Europäischen Patentamt (EPA) in München an – damit liegen die Deutschen in Europa an der Spitze und im weltweiten Vergleich auf Platz 2 hinter den USA. Die meisten deutschen Erfinder kommen aus Bayern und besonders viele aus München. Kein Wunder, denn München ist ja auch die Patenthauptstadt Europas.

Es waren die Siebzigerjahre, die EU noch jung, die Europäer im Europafieber, auch München wollte europäisch werden. 1973 beschlossen 16 Staaten bei einem Treffen in der Landeshauptstadt, ein Europäisches Patentamt zu gründen. Für den freier werdenden Handel sollte es eine zentrale Stelle geben, bei der Erfinder und Unternehmen Patente anmelden konnten, die in mehreren europäischen Staaten gelten. Bis dahin musste das in jedem Land einzeln beantragt werden.

Hans-Jochen Vogel, der damalige Oberbürgermeister von München, setzte sich dafür ein, dass das Europäische Patentamt an die Isar kommt. Es sollte neben Deutschem Museum und Deutschem Patent- und Markenamt gebaut werden. Nicht alle in der Stadt waren davon begeistert, denn Vogel wollte dafür Dutzende Häuser aus der Gründerzeit abreißen lassen. Aber er setzte sich durch: 1977 nahmen die ersten Patentanwälte ihre Arbeit auf. Doch schon Ende der 80er-Jahre wurde das Gebäude zu klein, die Zahl an Patentanträgen war zu groß. Zwei weitere Gebäude wurden errichtet. Auch das Bundespatentgericht und das Max-Planck-Institut für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht siedelten sich in der Stadt an, und München entwickelte sich zur Patenthochburg Europas. Mehr als 2000 Patentanwälte leben heute in Bayern, so viele wie nirgendwo sonst in Europa.
 

Die Großen haben die Nase vorn

Anders als bei der EPA haben Anmeldungen beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) nur nationale Gültigkeit. Der Anteil des Freistaats an deutschen veröffentlichten Patenten bei beiden Behörden lag zuletzt bei 29 Prozent. Fast ein Drittel aller deutschen Patente kommen also aus Bayern. Patentanmeldungen gelten als Gradmesser für die Innovationsleistung von Unternehmen. In Bayern sitzen demnach sehr viele, sehr forschungsstarke Firmen.

Das Deutsche Patentamt führt keine Statistik darüber, von wem die Patente angemeldet wurden. Das Europäische Patentamt schon. Und diese Auswertung besagt: 66 Prozent der Patente wurden 2016 von großen Konzernen wie Bosch, Siemens, Daimler oder BASF angemeldet – lediglisch 28 Prozent von kleineren und mittleren Unternehmen. Mittelständische Unternehmen melden also in Europa deutlich weniger Patente an als große Konzerne.
 

Patenthürde Kosten

Das liegt aber nicht daran, dass der deutsche Mittelstand nicht erfinderisch wäre. Ein Grund dafür sind die hohen Kosten: Von der Anmeldung bis zur Erteilung eines EPA-Patents vergehen einige Jahre. Mit Gebühren, Anwalt und Übersetzung der Patente in die jeweiligen Nationalsprachen kostet der Prozess um die 25.000 Euro. »Jedes vom EPA erteilte Patent muss noch in jeden Staaten validiert, das heißt national gültig erklärt werden, in denen der Patentinhaber Schutz haben möchte«, sagt Rainer Osterwalder, Sprecher des EPA. Noch mehr Kosten also, außerdem folgen in der Regel Jahresgebühren. Für viele Mittelständler ist das zu teuer, weshalb sie nur selten europäische Patente anmelden. Die günstigeren deutschen Patente aber bieten auch nur einen viel begrenzteren Innovationsschutz.

Das könnte sich bald ändern: Schon länger wird über die Einführung eines europäischen Einheitspatents verhandelt, das für ganz Europa gelten soll. Dieses EU-Patent wäre deutlich günstiger, weil die nationalen Validierungen, die Übersetzungen und die Jahresgebühren entfallen würden. Nach Einschätzung des Bundesverbands der Deutschen Industrie würden davon gerade die mittelständischen Unternehmen profitieren.

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