Eigentlich ist Julien Röslen gelernter Forstwirt. Doch gearbeitet hat er zunächst bei einem Reiseradhersteller. Danach betrieb er mit einem Partner über viele Jahre einen Biokiosk in Freiburg. Mit der Gründung einer Familie kam der Drang nach mehr Sicherheit und einer soliden Erwerbsgrundlage. Gefunden hat der Vater einer inzwischen zweieinhalbjährigen Tochter sie per Zufall über eine Anzeige: Der Freiburger Campingplatzbesitzer Georg Ziegler suchte einen Nachfolger für seinen Campingplatz. Er hatte den kleinen Wiesenplatz mit altem Baumbestand und 85 Stellplätzen rund 20 Jahre lang betrieben und wollte aus Altersgründen aufhören. Röslen meldete sich und fand Gefallen an der Arbeit. Sie einigten sich rasch. Seit Beginn dieses Jahres betreibt Röslen den Campingplatz nun in Eigenregie.  

Nachfolger fehlen
 

Das Thema Unternehmensnachfolge wird immer herausfordernder für den Mittelstand. Die demografische Entwicklung und ein „verhaltenes Gründungsgeschehen“ erschweren den Generationenwechsel, wie eine aktuelle Studie der Kreditanstand für Wiederaufbau (KfW) feststellt. Das KfW-Mittelstandspanel zeigt: Etwa 17 Prozent der mittelständischen Unternehmer planen bis zum kommenden Jahr 620.000 Übergaben. Und in den kommenden 20 Jahren wird sich ein Großteil aus dem Erwerbsleben zurückziehen und große Lücken hinterlassen, denn die nachfolgenden Generationen sind deutlich kleiner. Dieses Missverhältnis wird sich noch verschärfen: Das ohnehin schon schrumpfende Nachfolgerpotenzial wird weniger ausgeschöpft als in der Vergangenheit schließlich wird weniger gegründet. Die Zahl der Neugründungen in Deutschland bewegt sich seit mehreren Jahren auf niedrigem Niveau.  

Viele, die sich gezielt auf eine Unternehmensübernahme vorbereiten, haben langfristig Erfolg. Einer von ihnen ist Andreas Molnar. Er war zwar zufrieden in seinem Beruf als Qualitätsleiter in einem Maschinenbaubetrieb. Doch als ihm ein befreundeter Steuerberater vorschlug, einen Blechbearbeitungsbetrieb zu übernehmen, dachte Molnar nicht lange nach. Heute kann sich der gelernte Zerspanungsmechaniker nichts anderes mehr vorstellen. Die Alt-Eigentümer der Firma Selbitschka & Schädler aus Leutkirch im Allgäu suchten aus Alters-, aber auch aus gesundheitlichen Gründen, einen Nachfolger. Der künftige Unternehmer schaute sich den Betrieb an, führte Gespräche mit seiner Bank und befand daraufhin recht schnell: „Das passt für mich.“  

Fließender Übergang hilft
 

Hilfreich und nützlich für Molnar war, dass die beiden früheren Eigentümer noch dabeiblieben und ihr Wissen mit einbrachten: „Sie haben Know-how in der Entwicklung, kennen die Kunden perfekt und sind zeitlich sehr flexibel“. Der fließende Übergang, der zeitlich befristet ist, hat aus seiner Sicht wesentlich zum Erfolg beigetragen. Auch die langjährigen Stammkunden haben den Wechsel problemlos aufgenommen. „Ich hätte nie gedacht, dass es so reibungslos läuft“, sagt Molnar.  

Wenn Alt- und Neueigentümer eine Zeit lang parallel arbeiten, um das Unternehmen möglichst problemlos zu übergeben, ist das ein Glücksfall, aber nicht die Regel. In vielen Regionen Baden-Württembergs gibt es dafür Berater. Sie unterstützen auf betriebswirtschaftlicher Seite, können in Rechts- und Steuerfragen helfen und begleiten die Betriebsübergabe so in allen Phasen. Auch Julien Röslen hatte Glück, er wurde vom früheren Eigentümer in das für ihn neue „Campingplatzgeschäft“ eingearbeitet. Rund ein Jahr lang arbeitete Röslen parallel zu seinem Biokiosk auf dem Campingplatz mit.

Künftig möchte er dort sein neues auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Konzept umsetzen. Der Kiosk, der bisher nur im Sommer ein Frühstücksangebot mit Kaffee, Kuchen und Buffet hatte, soll zu einem Tagescafé mit einem Hofladen ausgebaut werden, in dem er ausschließlich Bioprodukte anbietet. „Wenn Bio, dann richtig“, sagt Röslen.
 

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