Die Daten des Unternehmens fremden Rechenzentren zu überlassen – bei dem Gedanken fühlen sich viele Unternehmer immer noch nicht wohl. Verglichen mit 2008 hat sich die Haltung gegenüber Cloudcomputing aber gewandelt. Während sich damals noch 70 Prozent der Firmen für Inhouse-Lösungen aussprachen, favorisiert jetzt nur noch gut die Hälfte eine rein interne Datenverarbeitung, wie eine Techconsult- Befragung ergab. Vor allem Kundenmanagementsysteme aus der Cloud haben sich so sehr in Unternehmen etabliert wie keine andere Business-Lösung. 

Auch beim Solinger Softwarehersteller Codecentric dauerte es eine Weile, bis man sich traute, wichtige Unternehmensdaten in eine externe Infrastruktur auszulagern. Die Computerspezialisten entwickeln agile Software. Die Idee: Dank flexiblerer und schlankerer Entwicklungsprozesse sollen sich die Anwender mehr auf ihre Aufgaben und Ziele konzentrieren können. Wenige Regeln sollen helfen, vor allem den bürokratischen Aufwand zu senken. Nach diesem Motto wollte man auch im eigenen Unternehmen arbeiten, dazu sollten Prozesse schlanker werden. 

Der Vorstand beschloss daher zunächst, die eigene kaufmännische Software an einen Steuerberater auszulagern. Der arbeitete die Aufstellungen, die als PDF- oder Excel-Datei eingingen, zwar durchaus korrekt ab. Er konnte aber weder Echtzeit-Informationen liefern noch permanent Auswertungen zur Verfügung stellen, die man für die Unternehmenssteuerung benötigte. Doch ein Unternehmen, das Agilität als Paradigma ansetzt, benötigt auch in der Finanzbuchhaltung zeitnahe Informationen. „Auch mit Blick auf das standortübergreifende Arbeiten schienen mir Cloudlösungen von Anfang an bestens geeignet“, sagt Codecentric- Vorstand Mirko Novakovic. Denn dessen 300 Mitarbeiter sind europaweit auf 13 Standorte verteilt. „Mich hat schließlich die Idee einer integrierten Lösung überzeugt. So arbeitet man in einem System, auf einer Oberfläche und mit einem Datenbestand.“ 

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Mich hat die Idee einer integrierten Lösung überzeugt. So arbeitet man in einem System, auf einer Oberfläche und mit einem Datenbestand.

Schritt für Schritt erfolgt der Umstieg
 

2011 ging es los. Inzwischen sind nicht nur die Finanzbuchhaltung, sondern auch das Customer Relationship Management (CRM) und das Rechnungs- und Forderungswesen in der Cloud gelandet. Von Beginn an war das Ziel, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, um im Hause möglichst wenig Administratives erledigen zu müssen. Klaus Jäger, damaliger Vorstandsvorsitzender und heute Aufsichtsratsmitglied, erinnert sich: „Wir wollten die Zahl an Servern minimieren und uns auf unser Kerngeschäft konzentrieren, Lösungen für unsere Kunden zu entwickeln.“ Zunächst entschied man sich dafür, die Finanzbuchhaltung für eine Testversion des Anbieters Scopevisio zu registrieren: „Response-Zeiten, Skalierbarkeit, das alles hat uns sehr, sehr gefallen“, sagt Jäger. 

Zum Jahreswechsel 2012 wurde von der Testversion auf die neue Finanzbuchhaltung umgestellt. Das Datum hatte den Vorteil, dass nur die Salden übertragen werden mussten. Novakovic sagt: „Als ganz entscheidenden Vorteil betrachte ich den Transparenzgewinn, den wir mit der Software verbuchen können. Einnahmen, Ausgaben und Liquiditätskennzahlen kann ich mir zum Beispiel im Finanzstatus grafisch aufbereitet ansehen. Hier habe ich alle wichtigen Infos auf einen Blick, und zwar in Echtzeit und mit einem Klick. Das ist genau das, was mir vorher gefehlt hat.“ 

Der Dienstleister für das Cloudcomputing bot jedoch auch eine Komplettlösung an, alle Geschäftsprozesse durchgängig abzubilden. Und so entschied man sich bei Codecentric 2014 dafür, auch das CRM-Altsystem zu übertragen. Damit konnten Probleme behoben werden. Bislang war das Schnittstellenmanagement ineffizient. Datensätze wurden häufig nicht automatisch eingepflegt, Mehrfacheingaben waren nötig oder Daten passten nicht zusammen. Über 10.000 Datensätze aus verschiedensten IT-Systemen mit unterschiedlichen Quell- und Zielstrukturen zusammenzuführen war für die hauptsächlich beteiligten drei Codecentric-Mitarbeiter nicht leicht. Doch der Berg der digitalisierten Daten war nach etwa zehn Tagen abgearbeitet und in das neue System überführt. Klappte es problemlos? „Bei Fragen konnte ich zum Telefon greifen und den technischen Support nutzen“, sagt Informationsmanagerin Natalia Löwen. „Die Datenexporte erfolgen jetzt sehr schnell und einfach. Jeder kann mit einem Klick beispielsweise Tabellen von seinem Rechner ins Netzwerk übertragen.“ 

Inzwischen arbeiten 67 der 300 Mitarbeiter mit dem neuen System. Sie verfügen – entsprechende Zugriffsrechte vorausgesetzt – jederzeit auf Knopfdruck über alle Informationen, vom Customer Relationship Management über die Rechnungserstellung bis zur Finanzbuchhaltung. Die vernetzte Struktur macht viele manuelle Tätigkeiten überflüssig, alle arbeiten in einem System und können sich leicht abstimmen. 

Auch der Vertrieb nutzt das CRM-System. Da die Außendienstmitarbeiter eben- so Vollblut-IT-Experten sind, haben sie nur wenig Probleme, die Cloudlösung anzuwenden. Wird der Kunde besucht, nimmt der Mitarbeiter die Anforderungen auf, sondiert Lösungen und erstellt ein Angebot. Zu jedem Kunden legen die 25 Vertriebsmitarbeiter einen Datensatz an, der beispielsweise zeigt, welche Positionen in welchem Gegenwert möglicherweise nachgefragt werden. Natalia Löwen sagt: „Aus gewichteten Verkaufschancen lässt sich das Angebot generieren, das im positiven Fall in einen Auftrag umgewandelt wird. Bei der Rechnungserstellung greifen wir dann auf die integrierte Finanzbuchhaltung zurück. Früher mussten wir dafür in zwei Systemen arbeiten, um den Angeboten und Aufträgen die Verkaufschancen gegenüberzustellen.“ 

Die Vorteile des CRM-Systems zeigen sich nicht nur bei der einfacheren Erstellung von Angeboten, sondern auch bei seinem Einsatz im Marketing: Für die betriebseigene Publikation „Der Softwerker. Das Magazin“ können Informationen aus der Cloud abgerufen und im Magazin publiziert werden – das ebenfalls über Anwendungen des externen Dienstleisters erstellt wird. Eingehende Bestellungen landen automatisch im CRM. So lassen sich Abonnements schnell bearbeiten und statistisch auswerten. 

Firmenchef Novakovic ist überzeugt, dass sich die Kosten und die Arbeit bei der Akquise von neuen Kunden dann in Euro und Cent auszahlen. 

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