Wir haben mit Marc Kloepfel, Chef der Kloepfel Consulting Group aus Düsseldorf, über die Chancen einer Prozessoptimierung gesprochen. 

Herr Kloepfel, in einem anderen Interview haben Sie uns gesagt, dass viele Unternehmen gar nicht wüssten, dass sie zu teuer produzieren. Sie optimieren den Einkauf in mittelständischen Unternehmen. Wie helfen Sie Firmen dabei, günstiger einzukaufen?

Marc Kloepfel: Wenn wir den Einkauf in einem Unternehmen optimieren, ist der erste Schritt immer ein Potenzialworkshop. Am wichtigsten ist es, zunächst alle relevanten Personen im Unternehmen an einen Tisch zu bekommen. Dabei setzen wir uns mit sämtlichen Herstellungskosten des Betriebs auseinander. Festzulegen ist zum Beispiel, ob wir nur auf bestimmte Produkt- und Warentypen des Betriebs eingehen oder das Einsparungsprojekt auf das gesamte Unternehmen beziehen. 

Welcher Weg ist für welches Unternehmen richtig?

Das entscheidet sich oft nach der Größe des Unternehmens und den Wünschen der Geschäftsleitung. Vor dem Workshop fragen wir für die gewünschten Bereiche die kritischen Daten ab: Was wird bei wem eingekauft, was sind die aktuellen Herstellungskosten? Welche Materialien werden verwendet? Welche Stückzahlen? Bei der Analyse helfen uns auch Benchmarks aus anderen Projekten. Dann können wir gut vorbereitet in einen Workshop gehen und sitzen für einen Tag mit allen relevanten Personen zusammen. 

 

 

Mit wem sitzen Sie dann im Workshop? Was besprechen Sie dort?

Wenn wir über Produktkosten sprechen, ist natürlich jemand aus der Entwicklung dabei, etwa der verantwortliche Produktionsingenieur, außerdem der verantwortliche Einkäufer und jemand aus dem Vertrieb, der beim Kunden diese Produkte verantwortet. Wir müssen die gesamte Wertschöpfungskette analysieren und viel hinterfragen: Was fordern Kunden des Kunden, ist das Produkt wirklich das, was sie auch haben möchten? Wie sieht die Struktur im Unternehmen aus? Welche Deckungsbeiträge gibt es? Wie sind die Durchlaufzeiten? Hat das Unternehmen Vorgaben von Auftraggebern in Bezug auf bestimmte Lieferanten? Wie werden bisher Preise verhandelt? Gibt es bestehende Kostenstrukturanalysen? Wurde schon einmal eine Wertanalyse gemacht?

Wir besprechen im Workshop die unterschiedlichsten Fragen, um zu sehen, welche Methoden im Unternehmen schon im Einsatz sind. Und wir erfahren dabei, für welche Schritte unser Kunde offen wäre.

Am Ende des Tages sollen das Potenzial für Einsparungen und die voraussichtliche Dauer des Projekts abgeschätzt werden können. 

Wie schnell werden Effekte sichtbar, wenn Sie mit einem Unternehmen den Einkauf optimieren?

Im Einkauf kann man sehr schnell erste Effekte erzielen, genauso wie im Bereich Working Capital. Working Capital thematisiert die Zahlungsziele, die Lagerbestände und die Lieferzeiten. Im Einkaufsbereich geht es darum, möglichst schnell mit Lieferanten in Verhandlungen einzusteigen. Wir haben sehr viele Benchmark-Daten und können deshalb direkt mit Lieferanten in Verhandlungen gehen. Mit gewissen sensibleren Lieferanten gehen wir dann in extra Workshops und versuchen dort, Verbesserungen zu erzielen, die sich auch schnell umsetzen lassen. Das sind Themen, mit denen Sie in zwei bis fünf Monaten fertig sind. Dann sind schnell fünf, sechs oder sieben Prozent Einsparungen erzielt. 

 

Quotation mark

Oft fehlt im Unternehmen die Person, die zwischen dem Einkäufer, dem Vertriebler und dem Entwickler vermittelt.

Welche Schritte in der Optimierung dauern länger?

Wenn es zum Beispiel darum geht, für gewisse Komponenten neue Lieferanten aufzubauen, Lieferanten zu bündeln, globaler einzukaufen oder Produkte mit einer Wertanalyse zu verändern. Lieferanten und Werkstoffe müssen im Vorfeld getestet werden, oft sind Kundenfreigaben nötig. Meistens stellt sich in unseren Projekten auch die Frage, was das Unternehmen selber produzieren soll und was man einkaufen kann - Stichwort "Make or buy". Solche Themen haben großes Potenzial, dauern aber auch länger. Das können schon zwei oder drei Jahre sein. 

Bitte nennen Sie uns doch einige Beispiele.

Wenn Sie zum Beispiel in der Landmaschinenbranche sind, wird jedes neue Produkt zunächst in das Gerät eingebaut und dann auf dem Acker getestet. Da gibt es unterschiedliche Tests, je nach Land. In Deutschland sind die Böden ganz anders als in Australien, und Änderungen an Produkten werden dann sowohl in Deutschland als auch in Australien getestet. Wenn das dann auch noch ein Produkt ist, mit dem die Ernte nur einmal im Jahr stattfindet, geht es auch darum, was in den zehn Monaten dazwischen passiert, wenn das Produkt nicht im Einsatz ist. Wie verhält sich das neue Kugellager, wenn es nach zehn Monaten wieder anläuft? So können solche Tests dann auch mal zwei Jahre dauern.

Der Medizinbereich zum Beispiel ist ein heikles Thema. Die Produkte greifen in den menschlichen Körper ein und müssen meistens zertifiziert werden. Veränderungen am Produkt oder an Lieferanten können wir in solchen Fällen nur sehr langsam durchführen. 

Um solche Projekte zu begleiten, brauchen Sie doch sicher Mitarbeiter, die sich mit den Themen Ihrer Kunden sehr gut auskennen. Wie funktioniert das?

Wir haben natürlich nicht für jeden Industriebereich oder für jedes Unternehmen den Experten im Haus sitzen, der den Job besser machen könnte als die Entwicklungsabteilung des Kunden. Wir haben bei uns im Regelfall Generalisten, die Projekte für vergleichbare Unternehmen schon realisiert haben, sich mit den generellen Prozessen auskennen und die insbesondere Moderationsfähigkeiten haben.

Das Know-how über die Produkte oder Leistungen finden wir ja meistens beim Kunden vor. Oft fehlt im Unternehmen aber die Person, die zwischen dem Einkäufer, dem Vertriebler und dem Entwickler vermittelt, damit am Ende für alle Seiten das optimale Ergebnis herauskommt und das Unternehmen seine Kosten reduzieren kann. Die Rolle dieses Vermittlers spielen wir in den Projekten. 

Was muss man als Berater überhaupt können, um den Einkauf von Unternehmen zu optimieren?

Wir haben sehr viele Mitarbeiter, die ehemals im technischen oder im strategischen Einkauf gearbeitet haben. Zu uns kommen also keine frischen Uniabsolventen. Jeder hat vorher schon einmal in einem Unternehmen gearbeitet, entweder im Einkauf, in der Entwicklung oder im Vertrieb. Die Mitarbeiter mit passender Vorgeschichte sind dann auch in den entsprechenden Projekten tätig.

Wenn wir ein Projekt aus dem Maschinenbau haben, kommen da auch nur Berater hin, die sich damit auskennen. Darüber hinaus qualifizieren wir unsere Mitarbeiter natürlich auch weiter. Eine besondere Herausforderung ist dabei zum Beispiel, solche Workshops wie vorhin erwähnt durchführen können. Da kann man sich noch so gut im Einkauf auskennen, man braucht das entsprechende Fingerspitzengefühl, um mit den Leuten im Betrieb etwas zu bewegen. Das kann nicht jeder Mitarbeiter bei uns - und muss es auch nicht. Aber es gibt einige, die darauf spezialisiert sind, Workshops durchzuführen. Andere sind dann eben mehr auf Analysen spezialisiert. 

Will ein Unternehmer günstiger einkaufen, muss er verschiedene Faktoren beachten, bevor der Produktionsprozess optimiert werden kann. Spezialisierte Berater helfen dabei, jeden Produktionsschritt zu beleuchten und mögliche Einsparpotenziale auszuloten. Dieser Prozess kann allerdings lange Dauern – je nach Branche sogar mehrere Jahre. Wichtig ist eine gemeinsame Grundlage, die bei einem gemeinsamen Workshop ausgelotet werden kann.

Herr Kloepfel, vielen Dank für diesen Einblick in ihre Arbeit.