Herr Hohensee, Sie meinen, dass Unternehmen häufig nicht schnell genug an Kredite zur Vorfinanzierung von Aufträgen kommen. Warum ist das so?

Klassische Kreditanbieter erschweren etablierten Nischenplayern durch ihre langen Prüfverfahren und viel Verwaltungsaufwand den Zugang zu sogenannten „kurzfristigen Krediten“. Doch gerade agile Marktplayer wünschen sich für ihr künftiges Wachstum einen flexiblen Finanzierungspartner, der sich ihr Vorhaben im Detail anschaut. Darum gehen einige Marktführer mit patentierter Technologie und Top-Kunden wie Volkswagen und Bosch seit ein paar Jahren alternative Finanzierungswege.

Welche Alternativen haben Unternehmen denn?

Alternativ zum Bankenkredit sind moderne Finanztechnologien (kurz: Fintechs) für Unternehmen mit Wachstumszielen interessant. Online-Finanzierer können einfach schneller reagieren, wenn es um individuelle Finanzierungslösungen geht. Kunden werden auf ihr unternehmerisches Ziel hin beraten. Zahlen stehen bei alternativen Kreditanbietern nicht so stark im Vordergrund wie der Finanzierungzweck.

Für welche Zwecke nutzen Unternehmen einen Kredit zur Auftragsvorfinanzierung?

Die Verwendung eines solchen Kredits reicht von den Kosten für die Planung über die Vorbereitung von Aufträgen hin zu Materialkosten und Wareneinsatzkosten. Auch die Leistungen der Zulieferer, die Personalkosten und etwaige Transportkosten werden mit einem solchen Kredit finanziert.

Können Sie ungefähr einschätzen, wie viel Zeit die Vorfinanzierung von Großaufträgen in Anspruch nimmt?

Das ist erfahrungsgemäß abhängig von der Größe des Auftraggebers und auch vom Wohnsitz des Kunden. Personal-, Materialkosten, etc. werden oft über den Zeitraum von drei bis neun Monaten vorgeschossen. Zahlungsziele von 90 Tagen sind bei Großkunden gängig, 365 Tage können bei Konzernen auch vorkommen.

Eignet sich denn ein alternativer Firmenkredit auch zur Auftragsvorfinanzierung von global agierenden Unternehmen?

Aus unserer Sicht ja. Bei Fremdkapital, das von privaten und institutionellen Anlegern gegeben wird, ist mehr Flexibilität möglich, weil das geliehene Kapital frei verwendbar ist. Nehmen wir zum Beispiel Kapilendo: Der Prüfprozess ist schnell, es muss einzig eine Bürgschaft hinterlegt werden. Sonstige Besicherungen sind nicht notwendig. In der Regel nutzen KMU für sogenannte Materialkredite jedoch Kontokorrent. Üblicherweise muss dazu einmal im Jahr die Kreditlinie von der Hausbank geprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Dadurch können Unternehmen nicht so leicht kurzfristige Aufträge annehmen. Alternative Finanzierungen geben Unternehmen bei der Auftragsvorfinanzierung mehr Freiraum.

Sie meinen, durch die freie Verfügbarkeit der Kredite können Folgeaufträge angenommen werden?

Genau. Ein Kredit von einem alternativen Finanzierer kann für die perspektivische Weiterentwicklung eines KMU sehr hilfreich sein. Mittelständler sind in Ihren Möglichkeiten beschränkt, weil die Summen zu klein sind. Denn unseren Erfahrungen zufolge reicht der erwirtschaftete Gewinn durch eine einmalige Auftragsfinanzierung nicht aus, wenn Unternehmen nachhaltig wachsen wollen. Das Wachstumsziel steht ja im engen Zusammenhang mit der Auftragsvorfinanzierung. Daher ist es sinnvoller, einmal volle Liquidität über einen längeren Zeitraum von ein bis drei Jahren zur Verfügung zu stellen.

Ziehen auch etablierte Unternehmen alternative Finanzierungsdienstleister in Betracht?

Ja. Das zeigt sich am Beispiel der Evobeam GmbH. Der agile Mittelständler hat kürzlich mit einem Online-Kredit von Kapilendo den Zeitraum ab den Waren- und Rohstoffeinkäufen bis zum Absatz des Produkts, einer vakuumbasierten Spezialschweißmaschine, überbrückt. Die Material- und Personalkosten müssen bei Großaufträgen aus dem Ausland vorfinanziert werden. Bis eine Rechnung fakturiert und monetisiert wird, kann schnell ein halbes Jahr vergehen. Das Unternehmen kooperiert mit etablierten Herstellern wie Siemens und Leybold, wodurch hohe Materialkosten entstehen. Gerade bei der Fertigung komplexer Einzelteile benötigt die Evobeam GmbH Summen im sechsstelligen Bereich und hat zuletzt eine Million Euro vorfinanziert.

Für welche Art Unternehmen eignen sich diese Fintech-Lösungen als Kreditform?

Wer schnell und nachhaltig wachsen will, ist bei Fintechs richtig. Im Franchisemarkt ist unser bestes Beispiel die L’Osteria. Diese Systemgastronomie hätte ohne Fremdkapital ihre Wachstumspläne nicht so schnell realisieren können. Insbesondere auch Industriehersteller mit Maschinenbau-Projekten und modernen Anlagen, die sich erst nach langer Zeit amortisieren, sollten sich bei Fintechs über ihre Perspektiven informieren. Digitalisierungsinvestitionen sowie IT-Produkte lassen sich gut bei alternativen Finanzierern vorbringen, da diese bereits Erfahrung mit diesen Themen haben und passende Konzepte für weniger greifbare Produkte parat halten. Für Wachstumsunternehmen ist eine breitere Finanzierungsbasis zur Verringerung der Abhängigkeit von der Hausbank interessant. Finanzierungsmixe aus Fremd- und Eigenkapital werden für verschiedenste Zwecke wie den Ausbau der Produktlinie immer beliebter: Die digitale Anfragestrecke sowie schnelle Finanzierungsabwicklung hat man im Falle eines positiven Feedbacks bereits in wenigen Tagen auf dem Tisch. Kapilendo gibt die erste Auskunft bis in 10 Minuten.