Herr Becker, wie verändert sich die Beziehung zwischen Geschäftskunden und Lieferanten?

Selbst wenn die Wechselkosten im digitalen Plattformzeitalter sinken, ist es natürlich immer noch mit Aufwand verbunden, regelmäßig zwischen unterschiedlichen Anbietern zu wechseln. Einkäufer – und natürlich auch Lieferanten – haben weiterhin ein hohes Interesse an längerfristigen Beziehungen.

Bleibt dann alles beim Alten?

Keineswegs. Vielmehr sehen wir, dass die engen Einkäufer-Lieferanten-Beziehungen verstärkt digital stattfinden. Wenn wir heute von engen Beziehungen sprechen, meinen wir häufig die persönliche Beziehung etwa zwischen Außendienstmitarbeiter und Einkäufer. Diese bleibt weiterhin äußerst wichtig – keine Frage. Darüber hinaus wird es für viele Anbieter aber immer entscheidender, dass sie sich auch digital tiefer in die Wertschöpfungskette integrieren. Das ist aus Sicht der Anbieter auch eine Art der Kundenbeziehung – allerdings auf digitaler Ebene.
 

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Was zeichnet die digitale Einkäufer-Lieferanten-Beziehung aus?

Insbesondere standardisierte Prozesse werden branchenübergreifend immer stärker digital ablaufen. Wiederkehrende Bestellungen etwa werden zukünftig äußerst selten nur noch im persönlichen Kontakt erfolgen. Die zunehmende Digitalisierung solcher Prozesse bedeutet, dass die komplette Wertschöpfungskette digitaler wird. Wer sich hier mit guten Lösungen positioniert, kann sich recht tief in die Prozesse einfräsen und damit ein Stück weit unersetzlich machen.

Was bedeutet das für die Zwischenhandelsstufen?

Für den Großhandel kann die Integration schlussendlich auf zwei Ebenen stattfinden: Entweder auf eher administrativer Ebene – indem der Großhändler beispielsweise das Kostenstellenmanagement oder das C-Teile-Management des Einkäufers unterstützt bzw. übernimmt – oder tatsächlich im Rahmen der Primäraktivitäten, indem er beispielsweise Zwischenverarbeitungen durchführt. Ersteres wird sich zunehmend auch ausschließlich digital abbilden lassen, letzteres hingegen wird für viele Großhändler zum wichtigen Abgrenzungsfaktor gegenüber reinen digitalen Plattformen. Allerdings wird auch hierfür ein entsprechender Informations- und Datenfluss entlang der Wertschöpfungskette ausschlaggebend sein, weshalb die Beziehungen – auf digitaler Ebene – enger werden. Als eine Art des Beschaffungsmarketing kann man es auch nennen. 

Bedeutet diese Form der Integration nicht auch Abhängigkeit für die Beschaffungsseite?

Schlussendlich gibt es da tatsächlich einen gewissen Trade-off zwischen Beschaffungseffizienz und Zulieferabhängigkeit. Je tiefer ich meinen Zulieferer in meine Prozesse lasse, desto größer werden im Zweifel auch meine Wechselkosten. An der Stelle haben dann oftmals auch wieder digitale Plattformen einen Vorteil, die sich dank konsolidierter Prozesse – zumindest auf administrativer Ebene – gut integrieren (lassen) und gleichzeitig die gewünschte Lieferantenvielfalt zulassen. Auf der anderen Seite entsteht auch da natürlich eine gewisse Abhängigkeit gegenüber der Plattform.

Wird die Lieferantenbeziehung zukünftig rein digitaler Natur sein?

Nein. Der persönliche Kontakt zwischen Lieferanten und Geschäftskunden bleibt elementar. Er wird sich allerdings verändern und im Zweifel andere Funktionen übernehmen.