Teuerungsraten bei Energie weit über dem Durchschnitt

In Deutschland schnellte die Inflationsrate im September 2021 auf 4,1 Prozent. Dies ist der höchste Wert seit Dezember 1993. Dafür sind vor allem die steigenden Energiekosten verantwortlich. Laut Statistischem Bundesamt lagen die Preise für Energie mit einem Plus von 14,3 Prozent deutlich über der Gesamtteuerungsrate. Dafür sorgte einerseits die 2021 eingeführte CO2-Abgabe, andererseits die coronabedingte Verschiebung der Nachfrage.

Neben Heizöl und Kraftstoffen verteuerte sich auch der Strom deutlich. Wie die BDEW-Strompreisanalyse aus Juni 2021 ergab, stieg der durchschnittliche Strompreis für kleine bis mittlere Industriebetriebe (ohne Stromsteuer) im Durchschnitt der Monate Januar bis Mai 2021 um 8,1 Prozent gegenüber dem Jahresmittel 2020 an.

Und laut der Gemeinschaftsdiagnose verschiedener Wirtschaftsforschungsinstitute aus dem Herbst 2021 rechnen die Ökonomen auch im Jahr 2022 mit einer Steigerungsrate der Energiepreise um durchschnittlich etwa sechs Prozent.

KMU könnten Produktionsstandort Deutschland den Rücken kehren

Unternehmen sind dabei nicht in allen Fällen gleichermaßen von den Teuerungen betroffen wie Privathaushalte, da sie die Stromsteuer teilweise erstattet bekommen und oft auch auf bessere Einkaufskonditionen zurückgreifen können. Dennoch stellt sich die Frage, wie wettbewerbsfähig die deutschen Energiepreise im internationalen Umfeld noch sind.

Sogar Versorgungsengpässe werden befürchtet, da Unternehmen aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung und Digitalisierung in Zukunft noch viel mehr Strom benötigen als jetzt. Im Extremfall könnten energieintensive Unternehmen Pläne schmieden, Deutschland als Produktionsstandort zu verlassen. Zumal in der Folge der hohen Energiepreise auch viele Materialien und Vorprodukte teurer werden. So zog der Metallpreis im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Drittel an.

Allerdings: Schon 2018 zeigte eine Feldstudie der e.optimum AG erhebliches Einsparpotenzial auf, würden KMU lediglich ihren Energieeinkauf anders organisieren: Im Durchschnitt pro Unternehmen  liegt dieses allein für den Bezug von Strom bei 1.730 Euro pro Jahr. Es kann je nach Branche und Unternehmensgröße aber auch bis zu 80.000 Euro betragen.
 

Toolbox der EU-Kommission soll für Entlastung sorgen

Die EU-Kommission hat auf die steigenden Energiepreise mit einer “Toolbox” reagiert. Dieser Werkzeugkasten soll Möglichkeiten schaffen, Verbraucher und KMU in den Mitgliedstaaten von den hohen Energiepreisen zu entlasten, ohne gegen die europäischen Wettbewerbsregeln zu verstoßen.

Denkbar seien befristete Maßnahmen wie staatliche Subventionen, direkte Zahlungen oder Energiesteuersenkungen. Ein langfristiger Ansatzpunkt sieht vor, dass Unternehmen durch Eigenversorgung mit erneuerbaren Energien unabhängiger von Preissteigerungen werden. Um sich gegen zukünftige Preisschwankungen zu wappnen, will sich die EU mit gemeinsamen Gaseinkäufen und Gasreserven auseinandersetzen. Welche Maßnahmen die Bundesregierung davon in Deutschland umsetzen wird und ob überhaupt in den Markt eingegriffen wird – das ist Stand Oktober 2021 noch unklar.

Das fordern Wirtschaftsverbände

Der Deutsche Mittelstands-Bund (DMB) unterstützt die geplanten EU-Maßnahmen, sieht den Staatenverbund und auch die künftige Bundesregierung allerdings in der Pflicht, Unternehmen aktiv bei der Transformation hin zur Eigennutzung erneuerbarer Energien zwecks Strom- und Wärmeerzeugung zu unterstützen, beispielsweise durch finanzielle Anreize und angepasste rechtliche Rahmen.

Der Mittelstandsverband (BVMW) setzt sich für eine Absenkung der Mineralölsteuer und eine Erhöhung der Pendlerpauschale ein. Und der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung fordert von der neuen Bundesregierung, vorübergehend auf staatliche Abgaben wie die EEG-Umlage zu verzichten.