Das Auto wird gläsern – im Cockpit lassen sich unendlich viele Informationen direkt abrufen. Dass diese technische Entwicklung schon sehr weit ist und das Autofahren in den nächsten Jahren komfortabler und sicherer machen wird, weiß auch Oliver Kraus. Im Interview beantwortet der Elektroingenieur und Inhaber der Areus Engineering GmbH die wichtigsten Fragen zum Zukunftsthema „Internet of Cars“.
Areus entwickelt hochtechnische Elektronikkomponenten, u. a. für den Bereich Automotive. Bei welchen Produkten sehen Sie derzeit das größte Wachstumspotenzial?
Wir haben in unserem Unternehmen spezielle Bluetooth Low Energy Module entwickelt, mit denen sich das Internet 4.0 – also das Internet of Things – bedienen lässt. Die Einsatzgebiete sind unglaublich vielfältig, sie reichen vom Güterverkehr bis zur Medizinbranche. Speziell für Automotive-zertifizierte Module gibt es eine Fülle von Anwendungsmöglichkeiten. So können Autofahrer in naher Zukunft u. a. auf einem LCD-Display ablesen, ob aufmontierte Dachboxen korrekt verriegelt sind oder ob die maximal erlaubte Zuladung eingehalten wurde. Die BTLE-Technik wird beim Autofahren sowohl die Sicherheit als auch den Komfort erhöhen.
Ist diese Technik ausschließlich in neueren Fahrzeugen einsetzbar?
Gerade bei älteren Fahrzeugen gibt es oftmals zu wenig Anzeigemöglichkeiten für fahrdynamische Daten oder Betriebszustände. Da gibt es Entwicklungen, in Zukunft zusätzliche Anzeigemöglichkeiten einbauen zu lassen, um eben diese Fahrzeugdaten grafisch darzustellen. Solche Displays werden dann per Funkverbindung angeschlossen – über ein Bluetooth-Modul bzw. einen Dongle an der OBD-Dose. So ist es auch möglich, die On-Board-Diagnose bei älteren Fahrzeugen deutlich transparenter zu gestalten, um bei Fehlfunktionen entsprechend reagieren zu können. Nachrüstbar sind solche Systeme in allen Automobilen, die über eine elektronische On-Board-Diagnose verfügen. Diese Basistechnik gibt es schon seit vielen Jahren.
Man kann also sagen, dass BTLE künftig in neuen und auch älteren Autos Einzug halten wird?
Ja, absolut! Und dadurch, dass im Automotive-Bereich kostengünstige Funktechnologien eine immer größere Rolle spielen werden, spart man sich zudem viele Verkabelungen und somit Einbauzeit. Es müssen bei der Installation von BTLE-Modulen und Funk-Displays schließlich keine Kabelbäume mehr durch das Auto gelegt werden, wenn Fahrzeugbesitzer irgendetwas nachrüsten möchten. Der Einbau erfolgt schnell und problemlos, die Signalübertragung funktioniert komplett kabellos!
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Welche Vorteile bringt Bluetooth Low Energy noch für den Autofahrer?
Durch zusätzliche Anzeigemöglichkeiten sind Autofahrer in der Lage, den Fahrstil ökonomischer zu gestalten und so die Umwelt zu schonen. Auch Sicherheitsaspekte spielen hier eine Rolle – z. B. wenn Autofahrer Daten über Reifendruck etc. immer im Blick haben. All das lässt sich mit der BTLE-Technik realisieren. Die dafür genutzten Beacons sind äußerst kompakte Bluetooth-Geräte mit einem Sende- und Empfangsradius von etwa 30 Metern. Unsere Beacons können sich sogar selbstständig miteinander vernetzen und so untereinander kommunizieren.
Können die neuen Funkdisplays herkömmliche Anzeigen komplett ersetzen?
In kleinen Automobilen, E-Autos und sogar Rollern kann ein modernes und zentrales Anzeigeinstrument mit allen wichtigen Fahrzeugdaten gespeist werden. Das von uns entwickelte „MiniDash“ kann eine Fülle von Fahrzeugdaten anzeigen und ist dabei auch noch beliebig für verschiedenste Applikationen anpassbar – selbst die Bedienung per Touchscreen ist möglich. So lassen sich sogar Smartphone-Dateneingänge auf den Geräten spiegeln. Damit können Fahrer z. B. über den Eingang einer WhatsApp-Nachricht informiert werden, ohne das Handy in die Hand nehmen zu müssen – was während des Führens eines Fahrzeuges ja ohnehin verboten ist.
Wie sieht es mit der Marktreife solcher Produkte aus? Ab wann können Endkunden mit der Markteinführung rechnen?
Das „MiniDash“ liefern wir aktuell schon in Serie. Die „Streetscooter“-Elektroflotte, mit der DHL bereits schon heute emissionsfrei Pakete ausliefert, ist komplett mit Areus-Tachometern ausgestattet. Von den „Streetscootern“ fahren aktuell über 4.000 Modelle auf Deutschlands Straßen herum. Von den verbauten TFT-LCD-Displays können Paketfahrer Fahrzeugdaten wie Geschwindigkeit, Drehzahl und Batterieladung ganz komfortabel ablesen. Optional sind die „MiniDashs“ auch mit Touchscreen erhältlich. Eine neue Version mit zusätzlichen Funktionen gibt es wohl ab August 2017 zu kaufen.
Gerade in der intuitiven Bedienung von Fahrzeugelektronik hat der Stand der Technik in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Wie wird sich diese Entwicklung Ihrer Meinung nach fortsetzen?
Dank Systemen mit haptoakustischem Feedback gibt es in der Bedienung von Fahrzeugelektronik vollkommen neue Anwendungen. Wir haben eine Technologie entwickelt, mit der man sensorische Oberflächen so anregen kann, dass sie sich so anhören und anfühlen wie echte Taster. Die Sensoren geben dabei sowohl haptisches als auch akustisches Feedback, können fugenlos verbaut werden und klassische Schalter nachbilden. Vorteil: Im Bereich der Mittelkonsole oder im Lenkrad können so völlig neue Eingabeflächen für die Bedienung des Fahrzeugs entstehen. Das akustische Feedback lässt sich individuell gestalten, die Flächen sind zudem unempfindlich und wasserdicht. Mit der HAPAK-Technologie können sämtliche Materialien – ganz gleich, ob Glas, Metall oder Kunststoff – als Touchsensoren definiert werden. Das ändert nicht nur die Bedienbarkeit eines Automobils, sondern ermöglicht auch ganz neue Formen der Fahrgastzellengestaltung.
Herr Kraus, vielen Dank für das Interview!