Die Gänge sind voll von überdimensionalen Parfümflakons zur Dekoration, an die Wände sind Sprüche gemalt, die Parfüms mit Glück vergleichen. Kai Renchen führt weiter in den Anbau, dann ins Lager. Hier geht man an hohen Regalen vorbei, in denen sich Lippenstifte, Haarpflegeprodukte und Düfte stapeln, in kleine Schachteln verpackt. Die kleinsten von ihnen sortiert ein Roboter, bevor sie in Pakete gelegt und verschickt werden.

Parfumdreams.de ist mittlerweile eine der größten deutschen Online-Parfümerien – und das mitten in der schwäbischen Provinz. Denn wer kennt schon Windischenbach, den Ortsteil von Pfedelbach bei Öhringen in der Nähe von Heilbronn? Parfumdreams.de gehört zur Parfümerie Akzente GmbH, dem Familienunternehmen der Renchens, wozu noch 28 Parfümerie-Filialen und drei Kosmetiksalons gehören. Die ganze Familie arbeitet mit – Vater, Mutter, Schwester, Bruder. Die Firma ist wegen des Online-Geschäfts schnell gewachsen: Mittlerweile hat sie 450 Mitarbeiter und setzte 2016 72 Millionen Euro um.

Den Grundstein für das Unternehmen legte Kai Renchens Mutter. Sie arbeitete als Krankenschwester, beschloss 1995 aber, eine eigene Parfümerie zu gründen. „Parfümerie Akzente“ nannte sie das Geschäft. Die Branche kannte sie durch ihren Ehemann, der schon lange in der Kosmetikindustrie arbeitete. „Sie war damals mit uns drei Kindern gut beschäftigt, aber hat sich trotzdem selbstständig gemacht. Da war die Geschichte geboren“, sagt Kai Renchen.

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„Sie brauchen Leute, die für eine Sache kämpfen, und die haben wir. Außerdem haben wir die Freiheit, alles so zu machen, wie wir wollen.“

Kai Renchen, Parfumdreams.de

Der Kleine macht den Großen Konkurrenz

Mittlerweile gehört Parfumsdreams.de mit dem Berliner Start-up Flaconi zu den größten Online-Parfümerien nach Douglas. Und das, obwohl das Familienunternehmen vergleichsweise winzig ist und auch keine Investoren hat. Wie ist Kai Renchen das gelungen? Renchen sagt, dass Kapital und Größe wichtig seien, genauso wichtig aber seien die soften Werte, die in einem Unternehmen steckten. „Sie brauchen Leute, die für eine Sache kämpfen, und die haben wir. Außerdem haben wir die Freiheit, alles so zu machen, wie wir wollen.“

Es habe viele Jahre lang kaum Regeln und Hierarchien gegeben, sagt er, man habe ausprobiert, was möglich ist und was gut funktioniert. „Dadurch konnten wir sehr innovativ sein.“ Parfumdreams.de hat beispielsweise als erste Online-Parfümerie eine eigene App entwickelt und eine WhatsApp-Beratung eingeführt, außerdem bietet das Unternehmen ein außergewöhnlich langes Rückgaberecht von 180 Tagen an.

 


Schwäbische Sparsamkeit

Dass sie den Großen als kleines Familienunternehmen aus der Provinz Konkurrenz machen können, liege aber auch daran, dass sie Schwaben seien, sagt Kai Renchen. „Extrem gründlich und extrem sparsam.“ Bei jeder Investition werde überlegt, ob sie sich lohne, oder ob das Risiko zu hoch sei, man dürfe sich insgesamt nicht viele Fehler erlauben. „So entsteht eine Effizienz, die uns bei den Kosten entlastet.“ Schließlich zieht die Konkurrenz nach: Zalando will in den Kosmetikbereich einsteigen, Otto kooperiert mit L’Oréal, und auch Aldi hat nun hin und wieder Markenparfüms im Angebot. Renchen sagt, er blicke dem gelassen entgehen. Wettbewerb stärke den Markt und bringe Chancen mit sich. „Sie können sich stärker differenzieren und sich auch was abgucken, wenn der andere etwas besser macht.“

In der Kantine ertönt eine Durchsage an die Mitarbeiter: Am nächsten Tag gebe es anlässlich des 60. Geburtstages von Renchen Senior Putenfleischkäse und eine Käseplatte für die Vegetarier. Kai Renchen lacht. Auch das sei ja einer der Gründe für den Erfolg, sagt er: das Familiäre. Man kenne sich, man vertraue sich. Und man halte zusammen, sollte es mal schwierig werden.