Anhaltende Lieferschwierigkeiten führen zu Umdenken

Die Kostensenkung war in der Logistik viele Jahre das höchste Gut. Doch mit Beginn der Corona-Pandemie und der zunehmenden globalen Spannungen war von der einstigen Resilienz der Lieferketten nur noch wenig zu spüren. Mittlerweile denken viele Unternehmen um und priorisieren die Bestandssicherung – oft zu Lasten des Gewinns. Doch um Bestandskunden zu halten und ihnen gegenüber als zuverlässiger Partner zu gelten, müssen die Logistikprozesse an die Anforderungen der Kunden angepasst werden.

Die Logistik kennt zwei grundlegende Bestandsstrategien: Just-in-time (JIT) und Just-in-case (JIC). Ersteres bezeichnet die zeit- und mengengenaue Lieferung, um die Lagerhaltungskosten am Verarbeitungsort und die Kapitalbindung so gering wie möglich zu halten. Dieser Ansatz ermöglicht es Unternehmen, flexibel auf Nachfrageänderungen zu reagieren und ihre Produktion effektiv zu steuern.

Letzteres steht für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes, um für jede Art von Eventualität gewappnet zu sein, also Risiken abzudecken und Engpässe zu vermeiden. Der Kunde steht im Mittelpunkt der Überlegungen, daher wird auch der Begriff Just-the-customer verwendet.
 

Studie: Was bei Lieferengpässen und steigenden Preisen hilft

Der Trend geht ganz klar zu Just-in-case-Strategien, da Produktionsstillstand mehr Kosten verursacht als Lagerhaltung. Aktuelle Studien aus den USA, Großbritannien und Deutschland unterstreichen den Trend zu mehr Sicherheit. Wie eine Erhebung des Ifo-Instituts ergab, hatten bereits 2022 mehr als 40 Prozent der befragten Industrieunternehmen vor, ihre Beschaffung deutlich umzustellen – oder hatten dies bereits getan.

Die Maßnahmen reichten dabei von der Erhöhung der eigenen Lagerbestände über eine breitere Aufstellung von Zulieferern bis zur besseren Überwachung bestehender Wertschöpfungsketten. Zumindest teilweise war laut der Studienautoren die Abkehr von den Prinzipien der Just-in-time-Produktion festzustellen.
 

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Just-in-case in der Praxis

Just-in-case bedeutet in der Praxis, die Lagerbestände zu erhöhen, also immer ausreichend Materialien oder Produkte verfügbar zu haben, um mögliche Engpässe oder Unterbrechungen in der Lieferkette zu bewältigen. Gleichzeitig dürfen die Lagerkosten nicht aus dem Ruder laufen, überschüssige Bestände sollten nicht die Regel sein.

Bei diesen Überlegungen ist es wichtig, die Produkte zu klassifizieren, da bei einigen das Risiko unregelmäßiger Vorlaufzeiten oder unregelmäßiger Nachfrage größer ist als bei anderen. So kann beispielsweise die ABC-Analyse dazu dienen, Lagerartikel zu kategorisieren und jeder Gruppe unterschiedliche Lagerhaltungsstrategien zuzuordnen.

Um die Just-in-case-Strategie umzusetzen, sind intelligente Softwarelösungen eine große Hilfe. Diese Tools erstellen einerseits genaue Bedarfsprognosen, andererseits kontrollieren sie Lieferketten und warnen frühzeitig vor Unregelmäßigkeiten. Möglichst exakte Nachfrageschätzungen sowie eine kluge Berechnung des Sicherheitsbestandes sind von entscheidender Bedeutung. Heutzutage gibt es bereits KI-gestützte Prognoseverfahren, Planungsalgorithmen und Simulationstools für Absatz, Produktion, Distribution und Beschaffung.

Unabdingbar ist zudem ein digitales Warehouse-Management-System (WMS), das Echtzeiteinblicke in Bestände gewährleistet, Transporte sowie Wareneingänge und -ausgänge überwacht und Hilfestellung zur Optimierung von Lagerplatz bietet.

Zudem sind intensive Verbindungen zu Zulieferern wichtiger denn je. Hier gilt es, Kontakte zu vertiefen, um Lieferantenbeziehungen zu verlässlichen Partnerschaften auszubauen. Langjährige Vertrauensverhältnisse zwischen Einkäufern und Lieferanten zahlen sich in schwierigen Zeiten mit Mangellagen schnell aus; oft reservieren Händler ihren treuen Stammeinkäufern mehrere Chargen an begehrten Produkten.