Insolvenzverfahren kurz erklärt

Grund für ein Insolvenzverfahren ist in der Regel die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens. Mangelnde Liquidität liegt vor, wenn das Vermögen die Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Offene Rechnungen können dann nicht mehr beglichen werden.

Ist das am Tag der Fälligkeit so, kann der Schuldner nach § 17 Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO) beim zuständigen Insolvenzgericht ein Insolvenzverfahren beantragen. Möglich ist das ebenfalls bei einer innerhalb der nächsten 24 Monate drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 Abs. 2 InsO). Von einer Regelinsolvenz ist die Rede, wenn ein zahlungsunfähiges Unternehmen mehr als 19 Gläubiger hat. Auch diese können (jeweils) ein Insolvenzverfahren anstrengen.

Grundsätzlich soll damit das noch vorhandene Vermögen bestmöglich verwertet und die Insolvenzmasse gleichmäßig auf die Gläubiger verteilt werden. Zu Beginn ermittelt das Insolvenzgericht, ob der Antrag zulässig ist. Wurde das Verfahren von Gläubigern eingeleitet, prüft es die Rechtmäßigkeit der Forderungen. Das geschieht jeweils im Rahmen eines externen Gutachtens. Sind die Voraussetzungen gegeben, kommt es per Gerichtsbeschluss zur Insolvenzeröffnung.

Im weiteren Verlauf wird ein Insolvenzverwalter damit beauftragt, eine Übersicht der Vermögenswerte anzufertigen. Nach einem Berichtstermin und einem Abstimmungstermin beginnt das Regelverfahren, welches mit einem Schlusstermin und der Aufhebung endet, die öffentlich bekannt gemacht wird. Der Prozess dauert meist zwischen drei bis sechs Jahre.

Der Antrag eines Unternehmens sollte folgende Angaben enthalten:
 

  • nachweislicher Grund der Zahlungsunfähigkeit
  • Verzeichnis der Forderungen sowie der Höhe des Firmenvermögens
  • Informationen zur Fortführung des Geschäftsbetriebs und zum Tätigkeitsbereich
  • Anzahl der Beschäftigten
  • Verzeichnis der Gläubiger und deren Forderungen (inklusive beglaubigter Richtigkeitserklärung)
  • mögliche Sanierungsmaßnahmen

Im Idealfall lassen sich mit der Veräußerung der Insolvenzmasse und anderen Maßnahmen die Schulden begleichen und die Zahlungsfähigkeit wieder herstellen.
 


Die Lage in Deutschland: Immer mehr Firmen melden Insolvenz an

Im März 2023 lag in Deutschland die Menge an Regelinsolvenzverfahren 13,2 Prozent über dem Wert des Vormonats. Bereits für Februar hatte das Statistische Bundesamt eine Zunahme von 10,8 Prozent im Vergleich zum Januar gemeldet. Die Zahlen beziehen sich ausschließlich auf Geschäftsaufgaben im Zuge von Insolvenzverfahren. Pleiten aus anderen Gründen werden dabei nicht berücksichtigt.

Jüngste Beispiele für angeschlagene Unternehmen sind die Schuhhändler Görtz und Reno oder die Modekette Peek & Cloppenburg, für die ein Schutzschirmverfahren gestartet wurde. Neben dem Handel ist vor allem der Bausektor betroffen. Die Gründe für die häufigeren Insolvenzverfahren sind sowohl zunehmende Produktionskosten und Ausgaben für Personal als auch der Zinsanstieg.

Zusätzlich sorgt die Unruhe im internationalen Bankensektor – unter anderem die Pleiten der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse – für Probleme. Der Grund: Wegen der angespannten Lage handhaben viele Institute der Branche die Kreditvergabe strikter. Deshalb geht der Kreditversicherer Allianz Trade für 2023 von mehr Firmenpleiten aus. In einer Studie prognostiziert er 17.800 Fälle. Das entspricht einem Plus von 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

 


Insolvenz vermeiden: Das können Sie tun

Einer Insolvenz geht meist eine längere, kritische Phase voraus. Typische Alarmzeichen sind beispielsweise:

  • Ein ausbleibender Gewinn trotz guter Auftragslage.
  • Der kalkulatorische Unternehmerlohn lässt sich nicht mehr decken.
  • Das Geschäftskonto gerät oft ins Minus.
  • Rechnungen lassen sich nur noch verspätet bezahlen.
  • Bedeutende Zahlungen, etwa für Krankenkasse oder Finanzamt, gehen nicht raus.

Um derartige Probleme und ein daraus womöglich resultierendes Insolvenzverfahren zu vermeiden, sollte die Geschäftsführung einige Dinge beachten. Dazu sieben Tipps.

Tipp 1: Es ist regelmäßig zu kontrollieren, ob die angesetzten Preise angemessen sowie die Kosten wettbewerbsfähig sind.

Tipp 2: Der Einsatz von Finanzplanungs-Lösungen hilft, die wichtigsten Geschäftszahlen im Blick zu behalten und jederzeit darauf Zugriff zu haben.

Tipp 3: Mehrere B2B-Kunden verringern die Abhängigkeit von einzelnen Geschäftspartnern.

Tipp 4: Es ist sinnvoll, die finanzielle Situation der Geschäftspartner von Zeit zu Zeit zu überprüfen. Möglich ist das über Bonitäts-Checks und eine Wirtschaftsauskunft.

Tipp 5: Eine Kautionsversicherung oder eine Kreditversicherung helfen dabei, Aufträge und Zahlungen abzusichern.

Tipp 6: Außenstände lassen sich über Factoring-Agenturen abwickeln. Sie übernehmen fällige Rechnungen und bezahlen sie ihren Auftraggebern sofort. Diese profitieren von einer besseren Liquidität. Das Geld für die Rechnungen holen sich die Factoring-Agenturen von den Kunden ihrer Auftraggeber.

Tipp 7: Fallen Zahlungen an Krankenkasse oder Finanzamt aus, droht eine Zwangsvollstreckung. Deshalb müssen wichtige Beträge immer pünktlich beglichen werden.

Generell ist es ratsam, mindestens das Risiko- und das Forderungsmanagement zu digitalisieren. So lassen sich Schwachstellen früh erkennen und säumige Geschäftspartner schnell identifizieren.