Materialknappheit immer noch allgegenwärtig

Globale Lieferengpässe sind seit Ausbruch der Corona-Pandemie zur Normalität geworden. Obwohl sie nach und nach abgebaut werden konnten und viele Lager – auch aufgrund der schwächeren Nachfrage – inzwischen wieder gut gefüllt sind, leidet das Weihnachtsgeschäft 2022 unter fehlendem Nachschub.

Das hängt einerseits mit dem hohen Rückstau in den Auftragsbüchern zusammen. In Branchen wie der Autoindustrie wird die Abarbeitung der offenen Bestellungen teilweise noch bis Mitte 2023 andauern. Andererseits läuft die Produktion in China wegen der dort bislang verfolgten strikten Null-Covid-Strategie nach wie vor nicht reibungslos. Darüber hinaus wirken sich auch die Effekte des Ukraine-Krieges negativ auf die Beschaffung vereinzelter Güter aus.

Laut einer Umfrage des Ifo-Instituts waren im September 2022 65,8 Prozent der Teilnehmer aus der Industrie von Materialknappheit betroffen, im Automobilbau mit 82 Prozent und im Maschinenbau mit 86,2 Prozent sogar noch erheblich mehr. Eine deutliche Mehrheit rechnet außerdem mit Lieferschwierigkeiten auch bis weit ins Jahr 2023 hinein.
 


Diese Waren könnten zu Weihnachten knapp werden

Unter den Lieferengpässen leiden viele Unternehmen quer durch alle Branchen. Produkte, die in Asien gefertigt werden, wie elektronische Geräte, Spielwaren und Textilien, könnten noch in der Vorweihnachtszeit knapp werden, prognostiziert der Handelsverband Deutschland (HDE). Auch die momentanen Bestände an Fahrrädern und Haushaltsgeräten könnten die Nachfrage nicht ausreichend befriedigen. „Im Grunde lässt sich sagen, dass es in allen Bereich, wo elektronische Komponenten verbaut werden, zu Engpässen kommen kann“, sagt Klaus Wohlrabe, der die Befragungen am Ifo verantwortet. „Auch bei Spielzeug ist das ja oft so.“ 

Zudem häufen sich schon seit Monaten die Berichte über Lieferengpässe bei Medikamenten. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArm) führt derzeit etwa 300 Arzneien an, die rar werden, darunter Fiebersäfte, Hustenmittel, Blutdrucksenker, Brustkrebsmedikamente oder Magensäureblocker. Für viele knappe Heilmittel gebe es zwar noch Alternativen. Diese hätten aber teilweise weniger verträgliche Wirkstoffe. Der Grund: Hersteller von Medikamenten sind aufgrund des Vergaberechts oft auf Wirkstoff-Lieferanten aus China angewiesen. Eine Änderung der Gesetzeslage befindet sich Ende 2022 in der Diskussion.
 

Ukraine-Krieg als Preistreiber

Im März 2022 berichteten zudem rund 17 Prozent der Industrieunternehmen, dass sie Importe aus Russland beziehen. Sofern diese Firmen nicht oder nur unzureichend in der Lage waren, ihre Lieferketten anzupassen und Alternativen zu finden, wird sich auch das Handelsverbot auf die Engpässe auswirken. Bundesweit machten Erdgas und Erdöl 55 Prozent der Importe aus Russland aus.  Aber auch Metalle und Kohle spielen eine wichtige Rolle. Insofern wirkt der Ukraine-Krieg in erster Linie als Preistreiber und ist für die starke Inflation hauptverantwortlich. Diese betrug im November 2022 rund zehn Prozent.
 

Strategien zur zeitgerechten Warenversorgung

An den globalen Gründen für die Lieferengpässe kann der hiesige Einkauf nichts ändern. Er kann  seine Beschaffungsstrategie den Umständen allerdings anpassen. Das bedeutet für das Weihnachtsgeschäft und die folgenden Monate vor allem:
 

  • Versorgung detailliert planen
  • alternative Bezugsquellen suchen
  • Waren und Vorprodukte frühzeitig bestellen
  • Lagerbestände aufbauen

Im Vorteil sind hier Unternehmen, die bereits digital aufgestellt sind. Lassen sie beispielsweise ihre Supply-Chain-Prozesse über zentrales Enterprise Ressource Planning (ERP) laufen, fällt ihnen die Abstimmung mit ihren Lieferanten leichter. So ist es mit diesem elektronischen System zur Nachschubkalkulation einfacher, im gegenseitigen Austausch der Stakeholder Lieferengpässe vorherzusagen und sich dahingehend abzustimmen.