Frau Sellschopf, warum nimmt die Bedeutung von Verpackungen immer mehr zu?

Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die dazu führen, dass die Verpackung zu einem immer essenzielleren Teil unserer Infrastruktur wird. Durch die Globalisierung müssen zunehmend Rohstoffe und Güter sicher transportiert werden. Der weltweite Anspruch der Gesellschaften an die Verfügbarkeit von Waren wächst stetig. Dazu kommen soziale und demografische Faktoren, die dazu führen, dass die Verpackung immer individueller und spezieller auf Bedürfnisse reagieren muss.

Können Sie Beispiele für diese Faktoren nennen?

Beispielsweise gibt es immer mehr Single-Haushalte, eine steigende Zahl von Senioren und eine wachsende Mobilität. Hinzu kommt die zunehmende Bedeutung von Individualisierung, situativem Konsum und persönlicher Kommunikation. All dies führt zu immer komplexeren und vielfältigeren Verpackungslösungen. Sie müssen mehr können, mehr aushalten und mehr leisten. Daneben sollte man nicht vergessen, dass die Verpackung grundlegend für die Versorgung einer stetig wachsenden Weltbevölkerung ist. Beim Kampf gegen Nahrungsmittelverlust und -verderb ist die Verpackung unverzichtbar.

Was macht den Verpackungsbereich so komplex?

Die Verpackung ist so vielfältig wie unsere Gesellschaft und unsere Produkte. Wir müssen Getreide, Wasser, Smartphones, Motorhauben, Chemikalien und Medizin verpacken. Dabei muss die Verpackung in unterschiedlichen Klimazonen und Kulturen funktionieren. Sie muss schützen, informieren, werben, Originalität garantieren, gute Handhabung bieten, ökologisch nachhaltig sein und den unterschiedlichen gesetzlichen Bestimmungen gerecht werden, ohne große Kosten zu verursachen. Die vielen unterschiedlichen Aufgaben und die zahlreichen Zusammenhänge mit gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Faktoren machen den Verpackungsbereich äußerst komplex und anspruchsvoll, aber auch bunt und vielfältig. Verpackungen verbinden buchstäblich. Entsprechend nimmt die Verpackungsentwicklung auch in den Unternehmen eine Schnittstellenfunktion ein.

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Wie groß ist die Wissens-Nachfrage aus der Industrie zum Thema Verpackungen?

Die Nachfrage erscheint aus unserer Sicht sehr hoch. Das Deutsche Verpackungsinstitut erreichen täglich Anfragen zu den unterschiedlichsten Themen. Da geht es zum Beispiel um rechtliche Rahmenbedingungen und Kennzeichnungsvorschriften, aber auch um neue Materialien, Transport und Logistik, Sicherheit und Marketing. Die Nachfrage schlägt sich auch bei den Teilnehmerzahlen unserer Seminare und Lehrgänge nieder. So haben bisher rund 20 Prozent der "ingenieurtechnisch" Beschäftigten im Verpackungsbereich mindestens eine unserer Weiterbildungsmaßnahmen genutzt.

Welche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es zum Thema Verpackungen?

Es gibt eine Reihe von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die allerdings nicht so zentralisiert und homogen sind, wie man es aus anderen Branchen kennt. Das hat auch damit zu tun, dass die Verpackung ein Querschnittsthema ist, das interdisziplinär erfasst werden muss.

Wie sieht es im Hochschulbereich aus?

Dort finden sich etwa zehn Vollzeitstudiengänge, die mit einem Bachelor oder Master abgeschlossen werden. Dazu gibt es Studiengänge mit einem wählbaren Schwerpunkt "Verpackung", zum Beispiel im Bereich Design. Neben den Hochschulen stellen zahlreiche Berufsschulen Ausbildungsmöglichkeiten bereit, etwa zum Packmitteltechnologen oder Papiertechniker. Nicht zuletzt gibt es berufsbegleitende Weiterbildungsangebote, wie sie die Verpackungsakademie anbietet – inklusive Zertifikats-Abschlüsse, beispielsweise zum "Packaging Professional".
 


Warum gibt es hierzulande ein eher überschaubares Lehrgangsangebot?

Ich denke, diese Lücke im Lehrgangsangebot hängt mit der bereits erwähnten Komplexität des Themengebiets Verpackung zusammen. Entsprechend stellen sich hohe Anforderungen an die Schulung, von der Konzeptionierung bis hin zur Umsetzung. Das kann man nur mit gutem Personal und entsprechenden Experten stemmen. Wir haben das erkannt und versuchen, die Lücke mit unserem Angebot zu schließen.

Was lernen Teilnehmer bei Weiterbildungen genau, und wie setzt sich die Zielgruppe zusammen?

Sie können im Grunde alles über Verpackung lernen, das Themenangebot ist sehr breit gefächert. Allein unsere Verpackungsakademie bietet über 40 verschiedene Seminarthemen an. Das fängt bei technischen Themen zu Verpackungsprozessen und Maschinen an und geht über Design und Marketing bis hin zu kaufmännischen und Managementthemen, sogenannte Soft Skills oder Fachenglisch. So unterschiedlich und abwechslungsreich die Themen sind, so heterogen sind auch die Zielgruppen für die unterschiedlichen Angebote. Dem versuchen wir entsprechend über unterschiedliche Weiterbildungsformate wie Einzelseminare, Inhouse-Trainings oder Gesamtlehrgänge gerecht zu werden.

Wie bewerten Sie die Zukunftsaussichten für den Verpackungsmarkt hierzulande?

Der Verpackungsmarkt in Deutschland wächst seit Jahren konstant um zwei bis drei Prozent pro Jahr. Mit mehr als 5.000 Unternehmen, die sich allein in Deutschland mit der Produktion von Verpackungen befassen und damit rund zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erarbeiten, stellt die Verpackungswirtschaft einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Mehr als 400.000 Menschen sind in der Branche tätig, deren Produkte heute bereits zu über 80 Prozent recycelt werden. Unter den Unternehmen sind viele mittelständische Betriebe, die Innovationskraft ist hoch, die Zukunftsaussichten sind also gut.

Frau Sellschopf, vielen Dank für Ihre Zeit und das Gespräch!