Aktuelle BME-Umfrage: Starke bis kritische Beeinträchtigungen

Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) hat seine Mitglieder zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf ihr Geschäft befragt. Es ist seine dritte Erhebung innerhalb weniger Wochen. Sie zeigt: Mittlerweile leiden praktisch alle Unternehmen der Branche unter der Krise. So spüren …
 

  • 50 Prozent starke bis kritische Beeinträchtigungen ihrer Geschäftsaktivitäten.
  • 45 Prozent leichte negative Auswirkungen.
  • 2 Prozent keine Folgen.

Obwohl viele Betriebe Shutdown-Strategien und -Maßnahmen einsetzen, könnte die Lage noch schlimmer werden. Zwar melden die befragten Unternehmen bislang keine Insolvenzen. Doch „je länger die Corona-Krise anhalte, desto wahrscheinlicher werde dieses Szenario“, schreibt der BME zu der Studie. Insgesamt falle es dem Einkauf zunehmend schwerer, Wertschöpfungs- und Lieferketten aufeinander abzustimmen.

Besonders stark leide die Liquidität unter den Umständen. Darauf reagieren die Unternehmen unterschiedlich. Während manche Betriebe ihre Lagerkapazitäten abbauen, stocken andere sie auf. Und wegen aufgeschobener Kundenaufträge würden bestellte Waren nicht mehr abgerufen. Insgesamt, so der BME, liegt die Stornierungsrate bei 18 Prozent.
 

Erkenntnisse aus der Umfrage: Digitales Risikomanagement immer wichtiger

Die BME-Umfrage deckt auch auf: Die Corona-Pandemie hat die Branche völlig überrascht. Lediglich 22 Prozent der Betriebe verfügten über ein Pandemie-Szenario. Und von diesen Unternehmen hatte nur die Hälfte konkrete Maßnahmen dazu entwickelt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass das Risikomanagement in 89 Prozent der Fälle nicht auf eine Krise solchen Ausmaßes vorbereitet war.

Judith Richard, Referentin der BME-Fachgruppe Lieferantenmanagement, zieht daraus den Schluss: „In Zukunft wird ein digitales Risikomanagement immer wichtiger werden, um einen transparenten Überblick über die gesamte Lieferkette erhalten zu können. Das haben Gespräche mit Einkäufern, Logistikern und Supply Chain Managern bestätigt.“
 

Nach Corona-Lockerungen: Erste Lieferketten erholen sich

Es gibt allerdings auch Signale einer Erholung. Aufgefangen hat sie Shippeo, eine Datenplattform für die Frachtindustrie. Das Unternehmen ist angebunden an 500 Telematiksysteme von Transporteuren und Verladern sowie an über 140.000 Spediteure. Daraus resultieren folgende Tendenzen für Einkauf und Lieferketten in Europa (Stand Mai 2020):
 

  • Bau und Baumaterialien: Der Bereich war kurz nach Ausbruch der Corona-Krise bis auf vier Prozent eingebrochen. Dank neuer Abstands- und Sicherheitsvorschriften konnten mittlerweile neue Bauprojekte begonnen werden. In der Folge ist eine Steigerung von 23 Prozent zu beobachten.
  • Maschinen, Ausrüstung und Technik: Hier hat die Transportaktivität um 35 Prozent zugenommen, weil Rohmaterial und Ersatzteile teils wieder lieferbar sind.
  • Läden und Verkaufsstellen: Weitreichende Schließungen belasteten anfangs den Non-Food-Einzelhandel. Online-Versand und Abhol-Services führten jedoch dazu, dass hier der Transport von Gütern auf 22 Prozent angestiegen ist.

Nahezu unbeeindruckt von der Corona-Pandemie zeigt sich weiterhin der Nahrungsmittelsektor. Schließlich blieben Lebensmittelgeschäfte und Supermärkte trotz Lockdown geöffnet. Zusätzlich verzeichnet die Branche seit Beginn der Krise eine erhöhte Nachfrage. Laut der Shippeo-Momentaufnahme operieren hier die Transporteure auf 101 Prozent des üblichen Niveaus.

Schlecht steht es nach wie vor um die Automobil- und Transportbranche: Die Lieferkettenaktivität liegt bei lediglich fünf Prozent. Das liegt einerseits an früh stillgelegten Fertigungslinien, andererseits mangelt es noch am Bauteilenachschub aus der asiatischen Region. Hinzu kommt die weitverbreitete komplexe Just-in-time-Produktion des Sektors, die das Anlaufen der Herstellung erschwert.